Kommentar: Befreiungsschlag
■ Warum Schwarz-Schill nach kaum drei Wochen zu Sofortmaßnahmen greifen muss
Es ist ja nicht so, dass der Mann nur ein lässiger Sonnyboy wäre. Zwar trägt Ole von Beust dieses Image nicht ungern vor sich her, und vollkommen falsch ist es keineswegs. Doch hinter der Fassade aus freundlicher Treuherzigkeit verbirgt sich ein machtbewusster und gewiefter Taktiker. Wer das nicht glauben mochte, den belehrte von Beust jetzt eines Besseren.
Mit sicherem Instinkt hat der Regierungschef erkannt, dass er Stärke demonstrieren und seine Mannschaft disziplinieren muss. Nicht so sehr, weil er die Richtlinienkompetenz hat, sondern vor allem, weil er überwiegend mit mehr oder minder unbedarften Polit-Amateuren regieren muss.
Während das routinierte CDU-Trio Schnieber-Jastram, Uldall und Finanzsenator Peiner wenigstens routiniertes internes Machtgerangel praktiziert, zeigt sich der Rest des Schwarz-Schill-Senats vornehmlich ahnungs- und orientierungslos. Nach nicht einmal drei Wochen ist es für von Beust bereits Zeit zum Einschreiten, vor allem aber eine günstige Gelegenheit, Grenzen aufzuzeigen. Mehr als ein Machtwort soll der Chef intern gesprochen haben, und das Klatschen verbaler Ohrfeigen war gar vor vermeintlich verschlossenen Türen zu vernehmen.
Das jetzt verkündete Sofortprogramm ist finanziell zwar nicht abgesichert – die Quittung folgt später. Doch polit-taktisch ist es ein erster Befreiungsschlag, um aus den Negativ-Schlagzeilen selbst der freundlich gesonnenen Zeitungen he-rauszukommen. Schwarz-Schill packt nicht ein, sondern an, soll die Botschaft lauten. Sie ist nicht zu überhören. Leider.
Sven-Michael Veit
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