Carlos Menem darf leider wieder verreisen

Argentiniens Expräsident ist aus der Untersuchungshaft entlassen. Gericht findet keine Beweise für Existenz einer kriminellen Vereinigung

SAN SALVADOR taz ■ Der ehemalige argentinische Präsident Carlos Menem ist nach fünf Monaten Hausarrest wieder frei. Der Oberste Gerichtshof in Buenos Aires entschied am Dienstag mit sechs gegen zwei Stimmen bei einer Enthaltung, dass es keine Beweise für eine kriminelle Vereinigung gebe, die illegal Waffen verschoben haben soll und als deren Kopf Menem in Untersuchungshaft saß. Wenige Stunden später verfügte ein Bundesgericht Menems Freilassung. Dem Expräsidenten war vorgeworfen worden, er habe zwischen 1991 und 1995 vier Dekrete für den Verkauf von Waffen an Panama und Venezuela unterschrieben. Tatsächlich war das Kriegsgerät aber nach Kroatien und Ecuador verschifft worden. Kroatien war damals wegen des Balkankriegs mit einem Waffenembargo der UN belegt. Ecuador befand sich im Krieg mit Peru, und Argentinien war offiziell neutraler Vermittler. Nach den Ermittlungen von Untersuchungsrichter Jorge Urso stand hinter dem Geschäft eine eigens für diesen Zweck gegründete kriminelle Vereinigung, der Menem vorstand. Am 7. Juni wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen. Weil Menem aber 71 Jahre alt ist und über 70-Jährige in Argentinien nicht mehr in den Knast müssen, wurde er lediglich unter Hausarrest gestellt.

Den Weg in die völlige Freiheit ebneten ihm nicht nur neun Richter, von denen er fünf in seiner Zeit als Präsident (1989 bis 1999) selbst ernannt hat. Auch Expräsident Raul Alfonsín soll nach in Buenos Aires kursierenden Gerüchten Druck auf einen Richter ausgeübt haben. Er gehört zur Regierungsallianz des heutigen Präsidenten Fernando de la Rúa, und die will Menem als Partner gewinnen. Seit der Wahl Mitte Oktober haben die oppositionellen Peronisten in Senat und Abgeordnetenhaus die Mehrheit. De la Rúa braucht zum Regieren ein paar Oppositionsstimmen und würde gerne Carlos Menem als Spalter einsetzen. Auch der ist an der neuen Allianz interessiert. Er wurde bei den Peronisten von einem Zirkel von Provinzgouverneuren kaltgestellt und muss sich beizeiten dafür rächen. Denn 2003 will er noch einmal Präsidentschaftskandidat der Peronisten werden.

TONI KEPPELER