„Bedenkenlose Morde“ aus Habgier

■ Gericht verurteilt Krankenpfleger und stellt „besondere Schwere der Schuld“ fest: Er hatte fünf Frauen zwischen 82 und 89 Jahren brutal umgebracht / Staatsanwalt rechnet mit Knast bis 2027

Der ehemalige Krankenpfleger Olaf Däter aus Bremerhaven ist gestern für die Morde an fünf alten Frauen und einen Mordversuch zu lebenslanger Haft verurteilt worden. „Für jeden einzelnen der fünf Morde wäre keine andere Strafe als lebenslänglich in Betracht gekommen“, sagte Harald Schmacke, vorsitzender Richter des Landgerichtes, in seiner Urteilsbegründung. Das Gericht stellte die „besondere Schwere der Schuld“ fest – wie es Staatsanwaltschaft und Nebenklage gefordert hatten.

Das bedeutet, dass der 32-Jährige nicht nach 15 Jahren Haft entlassen werden kann. Das ist sonst für „Lebenslängliche“ üblich. Die Bedingung: Ein Gutachter bescheinigt dem Häftling, dass er keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit ist. Bei besonders schwerer Schuld bekommt der Verurteilte diese Chance wenn überhaupt, dann erst später.

Däter hatte bereits zum Prozess-auftakt zugegeben, im Juni innerhalb von zehn Tagen fünf Frauen im Alter zwischen 82 und 89 Jahren getötet zu haben. Er behauptete jedoch, er habe sie nur berauben wollen, da er 70.000 Mark Schulden hatte.

Das Gericht wertete Däters Geständnis und seine Reue zu seinen Gunsten. Däter hatte auch einen Mord zugegeben, der zunächst nicht als solcher erkannt worden war. Insgesamt habe er den Prozess beschleunigt. Das Gericht stellte als Motiv „Habgier“ fest, das Vorgehen sei „heimtückisch“ gewesen. Eine sechste alte Frau habe nach Auffassung des Gerichts „nur aus purem Zufall überlebt“.

„Fünf Menschen mussten für sage und schreibe 1.480 Mark ihr Leben lassen“, sagte Richter Schmacke. Er nannte die Taten „eine Verbrechensserie, die in der Bundesrepublik einen hohen Seltenheitswert hat.“ Bemerkenswert sei gewesen, dass das Gericht über einen „völlig einfachen Mann von durchschnittlicher Intelligenz“ zu urteilen gehabt habe, dem „niemanden so etwas zugetraut“ habe. Das Gericht hob hervor, dass Däter in der Zeit der Morde bereits von der Polizei wegen Unterschlagung von Patientengeldern verhört wurde. Sein Arbeitgeber, der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), hatte ihn deshalb entlassen. Zu seinem Motiv hatte der Angeklagte gesagt, er habe das Geld für seine Lebensgefährtin gebraucht. Die Prostituierte habe immer mehr Geld verlangt, hatte Däter angegeben. Sonst wollte sie wieder im Rotlichtmilieu arbeiten. Der Richter war der Auffassung, Däter habe aus Imponiergehabe ein Auto für 80.000 Mark bestellt und eine Schiffsreise für 24.000 Mark gebucht.

Die Obduktionen der alten Frauen hatten ergeben, dass der 130-Kilo-Mann massive Gewalt gegen seine Opfer angewendet hat. Sie seien „mechanisch erstickt“ worden. Die Mediziner hatten Brustkorbquetschungen, Rippenbrüche und so genannte „Unterblutungen“ im Gesicht und am Körper der Opfer festgestellt. „Der Erstickungstod ist ein längerer Tod und ein furchtbarer Tod. Erst nach einer Minute wird das Opfer bewusstlos. Danach muss man noch zwei bis vier Minuten die Luftzufuhr abschneiden. Wenn jemand sagt, das habe ich nicht gewollt, kann ihm nicht geglaubt werden“, so Schmacke. Ein psychologisches und ein psychiatrisches Gutachten hatten Däter für in allen Fällen voll schuldfähig erachtet.

Staatsanwalt Fritz Haar sagte über Däters mögliche Haftzeit: „Realistisch sind 25 Jahre. Ich habe aber auch in der Literatur Fälle gefunden, in denen Verurteilte 38 oder 42 Jahre in Haft waren.“ Das Urteil entspreche den Erwartungen der Staatsanwaltschaft, sagte Haar. Der Verteidiger Däters, Thomas Domanski, wollte sich noch nicht über eine mögliche Revision äußern. Däter habe das Urteil gefasst aufgenommen, weil Anwalt Do-manski ihn darauf vorbereitet habe.

Auch Anwältin Magaret Hoffmann war zufrieden. Sie vertrat die Nebenklage für das einzige überlebende, heute 83-jährige Opfer. Hoffmann: „Es war ein würdiger und fairer Prozess.“ Die Anwältin hatte für ihre Mandantin in einem Zivilprozess bereits 10.000 Mark Schmerzensgeld von Däter erstritten. Wie der Verschuldete die Summe aufbringen solle, beantwortete Hoffmann mit der Überlegung, er habe sicherlich aus der Medienvermarktung seines Prozesses einen Gewinn schöpfen können. Der könnte für das Schmerzensgeld genutzt werden. aro