Kein Geld ohne Sonnenstrahlen

Für das Berliner Wirtschaftsministerium ist die südspanische Forschungsanlage nicht förderungswürdig

Die Geschichte klingt absurd: Noch unter der Regierung Kohl strich das Bundesforschungsministerium 1998 die 3,5 Millionen Mark Forschungsförderung für das größte solare Testzentrum Europas, der Plataforma Solar de Almería (PSA), in Südspanien. Dann kam die Wahl und mit ihr die rot-grüne Koalition. „Wir haben dagesessen und darauf gelauert, dass mit dem Wahlsieg der Grünen die Streichung rückgängig gemacht wird“, beschreibt Eckard Lüpfert, Mitarbeiter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und einer der Projektleiter in Almería, die Hoffnungen der Wissenschaftler.

Mit dem Regierungswechsel verlagerte sich aber nur die Zuständigkeit vom Forschungs- ins Wirtschaftministerium. Die Streichung blieb bestehen. Der zuständige Sachbearbeiter zog nämlich einfach mit um. „Es veränderte sich überhaupt nichts. Und das, obwohl die gesamtpolitische Richtung eine andere war“, so Lüpfert. Die Begründung für die Ablehnung klingt ebenso einfach wie lapidar: Zuviel Regen in Deutschland! Solarthermische Kraftwerke sind in Deutschland nicht nutzbar, anders als etwa Photovoltaik oder Wind- und Wasserkraft. Damit, so das Ministerium, sei eine weitere Finanzierung der PSA für die Bundesrepublik nicht interessant.

Die Entscheidung ist umstritten. Als „völlig unverständlich“ und „fatalen Fehler“ bezeichnet sie der Forschungspolitische Sprecher der Grünen, Hans-Josef Fell. Und auch die übrigen Parlamentarier scheinen an der harschen Absage aus dem Wirtschaftsministerium zu zweifeln. Die 20 Millionen Mark Forschungsförderung, die der solarthermischen Forschung für die nächsten drei Jahre bundesweit aus den Mitteln des UMTS-Fonds zur Verfügung gestellt werden, verwaltet jetzt jedenfalls das Umwelt- und nicht das Wirtschaftministerium. Ein „positives Signal“, findet Lüpfert.

Tatsächlich gilt die solare Kraftwerkstechnik nur für die Länder des Sonnengürtels als geeignet. Da allerdings bietet sie den bei weitem kostengünstigsten Solarstrom. Die Weltbank hat deshalb für Marokko, Ägypten, Indien und Mexiko jeweils 50 Millionen Dollar Zuschuss bereitgestellt, wenn die Länder statt eines herkömmlichen Kraftwerks ein solarthermisches bauen. Denn gerade in diesen Ländern wird in den kommenden Jahren mit einem explosionsartig ansteigenden Stromverbrauch gerechnet. „Alle Formen solarer Elektrizität brauchen solche Hilfen, die richtigerweise mit dem Klimaproblem von CO2 begründet werden“, sagt auch Gerd Eisenbeiß, Vorstand im Forschungszentrum Jülich und ehemaliger DLR-Programmdirektor für Energie und Verkehr. CO2 sei kein nationales, sondern ein globales Risiko. Und dem gelte es auch global zu begegnen.

Das wurde jüngst auch auf der Klimakonferenz von Marrakesch noch einmal betont. Deutschland ist führend in der Entwicklung solarthermischer Kraftwerke und hat wichtige Exportchancen in diesem Bereich. Fast die Hälfte der Lieferungen beim Bau der kalifornischen Anlagen stammen aus Deutschland und Mitteleuropa. Langfristig könnten die investierten Steuermittel also sogar amortisiert werden.

BETTINA WEGNER