press-schlag
: Wenn Fußballfans zu wenig lieben . . .

Auf Nimmerwiedersehen, Effe

Effe, Effe und kein Ende. Immer tut er was, dass man ihn schimpfen muss. Immer sagt er was, dass ihn die Leute hassen. Frauen und Kinder watschen, Kamerateams erschrecken („Weg!“). Sein Stinkefinger ist Legende und Symbol für den fanverachtenden Gestus an sich. Dafür hasst ihn der Fan.

Die Stinkefinger-Zeiten sind ja lange vorbei, gehasst wird Effenberg, wenn es sich wieder einmal anbietet, aber immer noch. Vor allem, wenn er Schwäche zeigt auf dem Feld, das ihn normalerweise unangreifbar macht. Wenn er nicht gut Fußball spielt also, denn das muss er. Zumal auf der Position, in dieser Mannschaft – da reicht keine normale Leistung: Wenn das Herz des FC Bayern München nur manierlich vor sich hinblubbert, stocken die Abläufe im gesamten Organismus. Und die Fans schreien: „Effenberg ist schuld!“

Und sie haben Recht damit und können ihn – endlich, endlich – beschimpfen und ihrem Hass freien Lauf lassen. Dem Hass, den er irgendwann gesät hat und den er – in unregelmäßigen, aber verlässlichen Zyklen – immer wieder abruft. Auch den Hass seiner eigenen Leute wohlgemerkt. Denn nur wenn Effe gerade das entscheidende Spiel entscheidet, wenn er grade eine Meisterschale reckt, nur dann wandelt sich der Hass in etwas anderes, etwas, für das es keinen präzisen Namen gibt. Liebe oder Verehrung ist das nicht, schon eher eine Art von begeistertem Respekt. Eine Begeisterung, die vor allem auf der Tatsache basiert, dass Effenberg, Gott sei Dank, „einer von uns“ ist, auch wenn er das nie wirklich sein wird. Dennoch: So einen möchte man vor allem nicht als Gegner. Zu gefährlich, zu unberechenbar, zu verächtlich. Diese Augen und diese Mundwinkel halten auch den begeistertsten Bierdimpfel auf Distanz. So einem legt man nicht den Arm um die Schulter. So einen berührt man höchstens vorsichtig, wenn er auf einem der Wagen im Siegeskorso sitzt oder sich wieder einmal zum Balkon am Marienplatz begibt.

Kann sich irgendjemand vorstellen, was Stefan Effenberg tut, außer Fußball zu spielen? Jemals tun wird? Kommentare abliefern wie Paul Breitner oder Günter Netzer? Sicher nicht. Dabei wurden auch Breitner und Netzer ob ihrer Eigenständigkeit von den Fans nie wirklich geliebt. Und doch sind die Beiden völlig anders als Effenberg. Erreichbarer. Verstehbarer. Menschlicher.

Eine Fantasie: Stefan Effenberg wird am Tage seines letzten Spieles sein Trikot ausziehen, die Schuhe wegwerfen und ohne ein Wort des Dankes, des Abschiedes oder der nostalgischen Erinnerung verschwinden. Auf Nimmerwiedersehen, Effe. ALBERT HEFELE