Und noch'ne Lesung

Er ist ein Meister der kargen Miniatur, leise und pointiert schraffiert er wie nebenbei Welten. Auch in seinem neuen Roman, Ungefähre Landschaft, bleibt sich der Schweizer Schriftsteller Peter Stamm treu. Wie schon in dem Erstling Agnes breitet er hier die vergebliche Existenz einer Frauenfigur aus: Zu Beginn ist Kathrines Leben ein langer ruhiger Fluss. Sie wächst auf in einem kleinen Dorf nördlich des Polarkreises, in dem „das Leben es schwer hat und die Liebe erst recht“. Das Leben ist hart und im Winter meist dunkel.

Stamm beschreibt mit raffinierter Schlichtheit, wie die Menschen in diesem weltvergessenen Kaff leben. Kathrine ist spröde und gleichgültig: „Ich will nichts aus mir machen.“ Dann begegnet sie Thomas, dem reichen Produktionsleiter aus der Fischfabrik. „Sein Leben war ein Strich durch die ungefähre Landschaft ihres Lebens.“ Er weiß, was er will, sein Leben hat Richtung und Ziel. Doch er will sie nur in sein Leben einpflanzen. Tief enttäuscht nimmt sie die Hurtigroute gen Süden. Auch wenn sie sich in Frankreich Cathérine nennt und die Haare färbt, ändert sich nichts. Am Ende hat sie den Eiffelturm gesehen, Austern gegessen und Haschisch geraucht und muss doch erkennen: „Nichts wäre anders, wenn ich nicht hier wäre.“ Doch am Ende lässt Stamm immerhin ein schwaches Zeichen der Hoffnung aufglimmen. Annette Stiekele

Lesung: heute, 20 Uhr, Literaturhaus; Peter Stamm: Ungefähre Landschaft, Arche Verlag, 192 S., 36 Mark