Abflussrohr an Holzengel

■ Die besten Gesellenstücke aus ganz Deutschland sind diese Woche in Bremen zu sehen. Ein Bremer Installateur gewinnt den ersten Preis beim Rohreschrauben

Von der „Extraktionsapparatur“ mit „Chlordruckmessapparat“ bis zum bestickten „Bibeleinband aus Honanseide“ sind es nur wenige Schritte. Auch die „Steuerungseinrichtung für einen Schrittmotor“, die der beste Büroinformationselektroniker-Geselle der Bundesrepublik geschaffen hat, ist nicht weit. Die Ausstellung der gelungensten Gesellenstücke Deutschlands in der Bremer Handwerkskammer gleicht einem Kuriositätenkabinett der Handwerkskunst im Staate. Da liegt der elfenbeingeschnitzte Pinguin in trauter Gesellschaft des „Fischernetzes für den Dorschfang in der Ostsee“. Der Riesen-Spielzeug-LKW aus Echtholz fährt dem „schwarzen Dirndl mit Bluse“ um den Saum und die „konische Kugelfräse aus Vollhartmetall“ steht mit dem Elefantenrelief aus Rotguss in der Vitrine. Die crème de la crème des Handwerkernachwuchses in allen Fachbereichen stellt hier ihr bes-tes Stück aus. Zum 50. Mal findet der vom Zentralverband des Deutschen Handwerks ausgelobte Jugend-Wettbewerb inzwischen statt. Dieses Jahr organisiert die Bremer Handwerkskammer die Bundesausscheidung.

„Wir sind hier, um die Menschenmassen in den Griff zu kriegen“, scherzt Tischlermeister Matthias Winter zwischen einsamen Glaskäs-ten. Jeweils einen halben Tag lang passen die Freiwilligen aus dem Handelskammerbezirk auf die geliehenen Exponate auf. In vielen von ihnen stecke nicht nur ein Haufen Arbeit, meint Winter. „Die haben auch einen sehr hohen ideellen Wert.“ Vor ihm steht eine knapp meterhohe Kerze mit farbigem Heiligenrelief, das Siegermodell der Wachszieher-Innung. „Das kann man sich gar nicht vorstellen, dass es das noch gibt“, entfährt es dem Tischler. „Man muss das nicht mögen“, fügt er mit einem skeptischen Blick auf die pastorale Leuchte hinzu. Aber: „Vom Handwerk her ist das klasse.“

Zwei Meter weiter geht's profaner zu. „Gas-, Kanal- und Wasseranschluss auf Brett montiert“ heißt das Top-Gesellenstück der Installateure. Der Bremer Ino Wäsch hat sich mit dem nach bundesweit einheitlicher Vorlage erstellten Rohrgeflecht gegen seine MitbewerberInnen durchgesetzt. Millimetergenau sind die Plastik-, Stahl- und Kupferleitungen verlegt, die einzelnen Teile fein säuberlich zusammengeschraubt und verlötet. „Dinge, die im Handwerk nicht unbedingt gefordert sind“, so Winter. Wäsch wurde vor einer Woche per Post von seinem Sieg überrascht: „Ich habe den Brief meinem Vater gegeben und ihn gefragt, ob das da wirklich steht.“ Jetzt darf der 20-Jährige in zwei Jahren vielleicht um olympische Ehren kämpfen: Die nächste Internationale Berufsweltmeisterschaft findet 2003 im Schweizer St. Gallen statt. hoi