Abblende für Kinowelt

Nach Kündigung eines Millionenkredits steht der Film- und TV-Rechtehandel vor der Pleite. Mit Millionen-Deal für Filme und TV aus Hollywood übernommen

BERLIN taz ■ Zur Börseneinführung im Mai 1998 wurde die Kinowelt-Aktie noch als eines der ersten Medienpapiere am Neuen Markt bejubelt, jetzt droht dem Programmrechtehändler das Aus: Weil die niederländische Bank ABN Amro einen Kredit über knapp 70 Millionen Euro zum morgigen Mittwoch gekündigt hat, scheint ein Insolvenzverfahren unausweichlich. Kinowelt-Vorstandschef Michael Kölmel sagte, er sehe keine Chance, den Kredit bis morgen durch eine andere Bank abzulösen.

Mit insgesamt 400 Millionen Euro steht das Unternehmen bei über einem Dutzend Kreditinstituten in der Kreide, auch das Halbjahresergebnis 2001 fiel mit über 160 Millionen Euro Verlust düster aus: „Das Überleben der Gesellschaft ist nicht sichergestellt“, hieß es schon Anfang September im Halbjahresbericht. Nach dem Börsengang hatte sich Kinowelt in einer „anderen Liga“ (Kölmel) gesehen – im Rechtehandel wollte man jetzt mit den Branchengrößen wie Leo Kirch und Herbert Kloiber konkurrieren.

Dass es Kölmel im Sommer 1999 gelang, dem Hollywoodstudios Warner Bros ein umfangreiches Film- und TV-Programm-Paket abzukaufen, hinter dem auch die Kirch-Gruppe und der damalige Bertelsmann-TV-Ableger CLT (heute RTL-Group) herjagten, war ein Erfolg. Dass er für die rund 600 Stunden Serienware und 245 Spielfilme von höchst unterschiedlicher Qualität 300 Millionen Dollar zahlte, war allerdings der Anfang vom Ende: Kirch und Bertelsmann wiesen ihre Sender an, nichts aus dem Kölmel-Paket für ihr Programm zu kaufen – damit war der Absatz im gesamten deutschen Privatfernsehen gleich null. Auch ARD und ZDF griffen längst nicht im erhofften Umfang zu: Zu teuer war die Kinowelt-Ware, die das Unternehmen nach Branchenmeinung zum völlig überzogenen Preis eingekauft hatte.

Jetzt verhandelt das Unternehmen seit Wochen mit Warner Bros. über eine Rücknahme des Pakets – die Auswertung der im Dezember anlaufenden Tolkien-Filmtrilogie „Der Herr der Ringe“ wurde bereits an die Warner-Tochter New Line-Cinema zurückgegeben.

Die akut drohende Kinowelt-Pleite könnte sich auch sportlich auswirken: Der zur Familie gehörende Sportrechtehandel (90 Prozent der Anteile halten die Brüder Michael und Rainer Kölmel, den Rest Kinowelt) braucht ebenfalls neues Geld. Die Sportwelt vermarktet über ein Dutzend Fußballvereine, darunter Borussia Mönchengladbach und eine Anzahl Zweitligaklubs.

STEFFEN GRIMBERG