Jahr und Abend

■ Blackmail und mehr: Schlachthof feiert

Wilde Gerüchte kreisten um die seinerzeitige Schließung des Schlachthofes im Mai 2000. Der Betreiber habe die Miete nicht bezahlt, hieß es laut vermietender Stadtentwicklungs-Gesellschaft (STEG). Aber auch Anwohnerbeschwerden, die sich am HipHop-Publikum stießen, wurden kolportiert. Und die angeblich zu laute Anlage des Hauses war auch Streitthema. Wie dem auch sei, nach einem nicht ganz glimpflichen Wechsel im September 2000 hat die einst blutige Rinderschlachthalle einen neuen Betreiber und holt nun, ein paar Wochen verspätet, ihre Geburtstagsparty nach. Vier Bands respektive Musiker sind geladen, die laut Geschäftsführer Dirk Haring „widerspiegeln, was in den letzten 14 Monaten gelaufen ist“.

Unter den Gratulanten sind Blackmail, die sicher einen Grunge-Helden-Lookalike-Contest für sich entscheiden könnten: Wie ihre Väter im Geiste vom Anfang der 90er Jahre schauen die Musiker aus. Ein Äußeres, das sich ausgezahlt hat für die fleißigen Gitarren-Knaben. Denn es vergeht eigentlich kein Artikel ohne zu staunen, dass die vierköpfige Band nicht aus Seattle, Chicago oder gar Liverpool stammt, sondern – ganz banal – aus dem beschaulichen Koblenz.

Denn tatsächlich haben sie mit ihren inzwischen drei Alben – genügsam für eine immerhin achtjährige Bandgeschichte – Gutes abgeliefert. Der smarte wie harte, leicht psychedelische Rock von Science Fiction, ihrem zweiten Longplayer, fanden offene Ohren in Kritiker- und Fancharts. Sie ließen es daraufhin komplett remixen von den versierten Händen von Ladomats Turner und anderen Elektronik-Tüftlern.

Bodenständiger geht es da bei Eat no Fish zu: Feier-Punk-Pop mit der nett großmäuligen Sängerin Maria Koch. Eine dieser Livebands, die sich auf der Bühne ungleich geschickter zu verkaufen wissen als auf CD. So mancher im Publikum des „Hurricane“-Festival dürfte sich da gedacht haben: die weit besseren Guano Apes.

Fast schon Hausrecht dürfte inzwischen Bernd Begemann am Neuen Kamp besitzen. Erst Ende August gastierte er dort für vier Nächte mit seiner Personality-Show, arbeitete sich an seinem geschwätzigen Songwritertum ab und hielt sich das ihm geneigte Publikum an der mal zickigen, mal charmanten Leine. Wird er sich im Umfeld der jungen, wilden Rocker hinreißen lassen? Und zu was überhaupt?

Last but not least: Sollte Morris jene dänische Band sein, die beim Astra-Brauerei-Hoffest in diesem Jahr ganz gehörigen Lärm machte, dann erwartet das Publikum ein kleiner Tanz-Derwisch-Gnom am Mikro, dazu eine Band mit mächtig solidem Hüpf-Rock. Oder wie der Chef des Hauses sagt: „Die Leute sollen einen netten Abend haben und sagen können: Die Band kannte ich nicht, aber es war großartig!“ Volker Peschel

Donnerstag, 20 Uhr, Schlachthof