noch 25 tage bis zum euro
: taz-Serie über unser neues Geld

Griechenland verfällt in Hektik

„Denk in Euro, es ist ganz einfach!“ So lautet der Slogan, mit dem die griechische Zentralbank die Bevölkerung mit dem neuen Geld vertraut machen will. Ihre Anzeigen, die seit dem 1. Dezember in allen Zeitungen geschaltet sind, zeigen eine Kaffeetasse mit der optimistischen Botschaft: „Ab dem 1. Januar 2002 trinken wir denselben Kaffee wie immer, nur dass wir ihn einfach mit Euro bezahlen.“

Doch so einfach ist die Sache nicht. Einen Monat vor Einführung wissen die meisten Griechen nicht, wie viele Drachmen sie für einen Euro hinlegen müssen. Letzten Mittwoch hat die Regierung eine Sondersitzung mit dem Zentralbankchef einberufen – 33 Tage vor dem Stichtag. Ergebnis: Erstens wurde ein Ausschuss gebildet, in dem die Experten der Fachministerien die „letzten Details“ studieren. Zweitens wurde ein Bürgertelefon eingerichtet, das rund um die Uhr informiert, es sei denn, es ist gerade nicht besetzt. Drittens gibt es Infostände auf den Märkten.

All diese Maßnahmen waren ursprünglich für Oktober geplant. Die verspätete Informationskampagne demonstriert den Griechen erneut, warum ihr Land innerhalb des Währungsverbundes notorischer Nachzügler ist. Auch die Aufnahme in die Wirtschafts- und Währungsunion hat Griechenland erst zum 1. Januar 2001 geschafft. Zu lange hatte man gebraucht, um Staatsverschuldung und Inflation auf die Maastricht-Marke herunterzubremsen. Dies war die politische Leistung, mit der sich Ministerpräsident Kostas Simitis zuletzt eine zweite Amtszeit verdiente. Er feierte das neue „starke Griechenland“ als Mitglied des neuen „Kerneuropa“. Und die Bevölkerung nahm stolz zur Kenntnis, dass auf den Scheinen unter dem lateinisch geschriebenen „EURO“ auch das griechische Wort steht, das man „Evro“ spricht.

Viel mehr passierte von Staats wegen nicht. Dagegen haben die Banken ihr Personal seit langem geschult, die Geldautomaten werden rechtzeitig Euroscheine ausspucken. Zur Not sollen die Geldinstitute in den ersten beiden Monaten auch nachmittags öffnen. Und das wird kaum zu vermeiden sein. Der Zahlungsverkehr der kleinen Leute spielt sich noch weitgehend am Schalter ab, weil Daueraufträge selbst für Mieten und Telefonrechnungen fast unbekannt sind.

Weit schlechter vorbereitet sind die Einzelhändler, die ihr Personal erst auf den letzten Drücker Euro-fit machen wollen. Argument: Ihre Angestellten würden zu frühe Lektionen womöglich wieder vergessen. Die meisten Kunden beruhigen sich jedoch damit, dass sie noch bis Ende Februar mit den vertrauten Scheinen durchkommen. Dass Millionensummen unter Matratzen liegen bleiben, ist unwahrscheinlich: Bis vor kurzem war die Inflation so hoch, dass es nicht lohnte, die Drachme aufzuheben.

Eine echte Gefahr sieht nur die orthodoxe Kirche. Sie betreibt ihre eigene Euro-Kampagne. Das Interesse der Popen liegt auf der Hand. Sie sehen die Bilanz ihres lukrativen Unternehmens gefährdet, wenn die Opferstöcke in den Kirchen zu Drachmengräbern werden.

Den Konsumenten droht dagegen Gefahr von der anderen Seite der Ladentheke. Wie überall in Euroland nutzen gewiefte Geschäftemacher den Währungsschnitt, um ihren eigenen Schnitt zu machen. Regierungschef Simitis hat zwar noch letzten Mittwoch gewarnt, man werde keine versteckten Preiserhöhungen zulassen. Drei Tage später gab das Statistische Amt bekannt, dass die Preise für wichtige Grundnahrungsmittel innerhalb der letzten beiden Monate um fast 10 Prozent gestiegen seien. NIELS KADRITZKE