Knallgasprobe ohne Ende

■ Die Weihnachtsvorlesung des Fachbereichs Chemie an der Uni ist ein echter Hit

So zahlreichen und aufgeregt gespannten Zuspruchs erfreut sich eine Chemievorlesung sicherlich selten im Jahr. Die Versuchstische im Chemie-Hörsaal der Uni Bremen stehen voller fantastischer Apparaturen, Flaschen mit neonfarbenem Inhalt, dazwischen Rosen, eingelegte Gurken und schwebende Luftballons an Schnüren. Räumlichkeit und Stimmung erinnern nicht unwesentlich an die berüchtigten Chemiestunden aus der „Feuerzangenbowle“, wenn auch im Uni-Hörsaal die Damen bereits anwesend sind und der Alkohol erst später ausgeschenkt wird.

Würdigen Schrittes tritt Stephan Leupold, schmächtiger Chemiedoktorand mit Bärtchen und Kittel, ans Rednerpult und beginnt seine Weihnachtsvorlesung. Die Weihnachtsvorlesung des Fachbereichs Chemie der Uni Bremen ist inzwischen zum festen Bestandteil des vorweihnachtlichen Unigeschehens geworden. Abgesehen vom Spaß, den die Vorlesung allen Anwesenden macht, will der Fachbereich auch insbesondere bei SchülerInnen das Interesse an einem Chemiestudium wecken. Und tatsächlich sitzen im Publikum neben StudentInnen aller Semester und außeruniversitären Gästen auch einige SchülerInnen.

Etwa 20 verschiedene Versuche führt Stephan Leupold zusammen mit seiner Assistentin im Verlauf der knapp zwei Stunden dauernden Vorlesung vor. Fast immer geht es um Dinge aus dem täglichen Leben: So stellen die beiden zum Beispiel eine echte Spiegelbeschichtung her und führen vor, dass man brennendes Fett niemals mit Wasser „löschen“ sollte. Dann tauen sie Ballons auf, deren Luftfüllung sich unter extremen Kältebedingungen verflüssigt hat. Oder sie glätten einen zunächst schrumpeligen blauen Ballon bei Zimmertemperatur , der dabei langsam zu einem richtigen Luftballon anwächst. Vor Experimenten, bei denen es knallt, weist Stephan Leupold das Auditorium an: „Und jetzt wegen des Drucks alle mal den Mund aufmachen!“

Unterhaltsam ist die Vorlesung allemal, die zudem mit Anekdoten aus der Wissenschaftsgeschichte, über explodierende Kittel und geplünderte Labors, und mit literarischen Zitaten und Zaubersprüchen angereichert ist. Es geht den beiden Akteuren und der sie unterstützenden Forschungsgruppe jedoch nicht nur um dramatische Darbietungen mit bunten Farben, Lichteffekten, Feuershow und Explosionen, sondern auch darum, ein wenig Hintergrundwissen über das Gesehene zu vermitteln: über PH-Werte, Edelgase und Alkohole und soweiter.

Dem Alkohol wird im Anschluß an die Vorlesung zugesprochen, wobei man sich aber nicht mit einem „wönzigen Schlock“ begnügen muss.

Katharina Borchardt