Dem Doktor auf die Füße treten

■ Patienten haben Rechte, aber sie kennen sie nicht. Ein einheitlicher Katalog muss her – Themen einer Tagung in der Bremer Handelskammer

Es scheint ein bisschen widersinnig: Welche Rechte ein Patient hat, ist dank ausführlicher Rechtsprechung ziemlich klar. Nur: Der Patient weiß es nicht. Weil es keinen einheitlichen Katalog gibt, der ihn aufklären würde über all das, was Gerichte landauf landab zu seinen Gunsten entschieden haben. Das zu ändern, ist eines der Themen einer Tagung, die bis heute in der Bremer Handelskammer stattfindet.

Dass es mit Patientenaufklärung solcher Art erst recht kein Ende hat, mit gestressten Ärzten ohne Zeit, mit Kassen, die sich für nicht zuständig erklären – das wissen auch die Initiatoren der Tagung. Und so sei der angestrebte Katalog auch nur „ein kleiner Baustein zur Lösung größerer Probleme“, so bezeichnete Professor Robert Francke vom Institut für Gesundheits- und Medizinrecht der Uni Bremen die angestrebte „Charta der Patientenrechte“.

Seit 1999 gibt es das Bestreben, einen von allen Beteiligten – Ärzteverbände, Kassen, Krankenhausträgern, Patientenvereinigungen – abgesegneten Katalog zu erstellen. Bisher sei diese Anstrengung trotz diverser Entwürfe gescheitert, vor allem an den Ärzten, so Francke und sein Institutskollege Professor Dieter Hart. So wollten die Mediziner neben einem Katalog der Patienten-rechte auch einen der Patienten-pflichten installieren und überdies in der Charta auf ihren engen finanziellen Spielraum hinweisen, erklärte Francke. Was aber nicht wirklich in diese Charta gehöre. Die „politische Großwetterlage“ (Francke) habe für den Rückzug der Ärzte aus dem Projekt ein Übriges getan. Francke und Hart hoffen, dass ein erneutes Aufeinanderzugehen samt Einigung „vielleicht ein Ergebnis dieser Tagung“ sei.

Das andere, viel größere, aber auch noch viel weniger konkrete Thema hinter den Rechten des einzelnen Patienten gegenüber seinem Arzt ist das der Bürgerbeteiligung daran, wie ein Gesundheitssystem gestaltet wird. „Gesundheitskonferenzen“ heißt da das Zauberwort und Vorbild ist Deutschlands bevölkerungsreichstes Bundesland Nordrhein-Westfalen. Dr. Birgit Weihrauch vom NRW-Gesundheitsmi-nisterium war nach Bremen gekommen und erzählte von der Gesundheitsreform ihres Bundeslandes vor rund fünf Jahren. Eine Landes- und zahlreiche kommunale Gesund-heitskonferenzen versuchen seither, mehr Transparenz und Mitbestimmung in das Geflecht von Praxen, Krankenhäusern, Kassen zu bringen. Zumindest im Internet ist das schon realisiert (www.gesundheit.nrw.de), aber das Ganze sei „ein Prozess“, betonte Weihrauch. Eine Entwicklung, an deren Ende ein besseres Gesundheitssystem stehen könnte. Susanne Gieffers