Klage gegen Sanktionsliste

Drei der Terrorfinanzierung beschuldigte Schweden rufen das EU-Gericht an und klagen den Ministerrat und die Kommission wegen Sperrung der Gelder an

STOCKHOLM taz ■ Drei schwedische Bürger, deren Bankkonten auf Grund der von der EU am 12. November übernommenen Antiterrorliste der UN gesperrt worden waren, haben am Freitag letzter Woche beim EU-Gericht in Luxemburg Klage gegen Ministerrat und Kommission erhoben. Ziel: eine Aufhebung des fraglichen Beschlusses und eine Freigabe der eingefrorenen Gelder.

Die drei aus Somalia stammenden Schweden, Abdirisak Aden, Abdi Abdulaziz Ali und Ahmed Ali Yusuf waren wegen ihrer Vorstandsposten im schwedischen Ableger des Finanznetzwerks Al-Barakat auf der von der UN abgesegneten Liste der USA von Personen und Organisationen gelandet, „die unter Verdacht stehen, den Terror zu unterstützen“. Nachdem diese Liste auch von der EU als Verordnung übernommen worden war, hatte die schwedische Regierung die Banken des Landes angewiesen, die Konten von Al-Barakat und der drei Vorstandsmitglieder zu sperren. Resultat für Abdirisak Aden: „Ich komme jetzt nicht einmal mehr an meine Sozialhilfe heran. Nur gut, dass meine Frau ein eigenes Konto hat und ein Stipendium bezieht. Das reicht, um wenigstens Essen auf den Tisch zu bekommen.“

Die gegen die EU gerichtete Klage ist nach Einschätzung der Anwälte von Aden und seinen Mitklägern die einzige Möglichkeit, zu einer rechtlichen Überprüfung der EU-Verordnung zu kommen. Rechtsanwalt Leif Silbersky kommentiert den Vorgang so: „Es fehlt an jeglicher Rechtssicherheit. Niemand hat Beweise gesehen und es gibt keinerlei ordentliche Rechtsmittel.“

Diese Einschätzung teilen eine ganze Reihe schwedischer JuristInnen bis hin zu Anders Kruse, Chef des EU-Rechtssekretariats im Stockholmer Außenministerium, der von einer „unklaren Rechtslage“ spricht und die Klage begrüßt. Deutlicher ist Eric Östberg, ehemaliger Ankläger beim Kriegsverbrechergerichtshof in Den Haag und jetzt aktiv in der Internationalen Juristenkommission: „Die haben schon öfter böse über die Stränge geschlagen, wenn es darum ging, angebliche Terroristen zu jagen.“

„Die“ sind die USA, und Östberg ist nicht gnädig mit seiner Kritik: Wie Ringe auf dem Wasser verbreiteten sich derzeit die Folgen der Antiterrorismusjagd der USA über die ganze Welt. Nur eine davon, aber zentral für das gesamte EU-Rechtssystem, sei die jetzt angegriffene EU-Verordnung, nach seiner Einschätzung offenbar ungeprüft von den USA und der UN übernommen.

Schwedens Justizminister Tomas Bodström ging noch einen Schritt weiter: Da das Sanktionskomitee der UN binnen 48 Stunden diese US-Liste mit nicht weniger als 62 Posten abgesegnet habe, könne er sich schon aus zeitlichen Gründen nicht vorstellen, dass dort eine ausreichende Überprüfung irgendwelcher Beweise oder Anhaltspunkte stattgefunden habe: „Das ist eine Gefahr für die Rechtssicherheit. Meine Regierung wird daher sowohl gegenüber der UN als auch der EU Fragen zu stellen haben.“ REINHARD WOLFF