Schlummernde Gebühren

Auf den Konten der Sächsischen Landesmedienanstalt fanden sich unerwartet Millionen

Es gibt Leute, die bekommen ein Problem, wenn sie zu viel Geld haben. Studenten, die mit Nebenjobs ihr Hunger-Bafög aufbessern, Arbeitslose, die an der Börse zocken – oder Chefs einer reichen Landesmedienanstalt, die 3,6 Millionen Mark zusätzlich auf ihren Konten finden. Kein Buchungsfehler, sondern ein kleiner Skandal bei der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM) in Dresden. Die wird aus Rundfunkgebühren finanziert und soll ihren Jahresetat von rund zehn Millionen Mark für Forschung, Ausbildung und zur Aufsicht über Radio- und Fernsehsender ausgeben.

Beim Ausgeben der öffentlichen Gelder kam die SLM aber nicht so richtig hinterher, sondern bildete vorsorglich „Rücklagen“ für bestimmte Zwecke. Das ist normal und legal, wenn die Zwecke denn gerechtfertigt sind. Und darüber gab es bei der SLM schon Mitte der 90er-Jahre massiven Ärger. Rücklagen in Millionenhöhe, unter anderem für Filmförderung, Urlaubsgelder und Prozesskosten mussten aufgelöst und teilweise sogar zurückgezahlt werden. Nicht an die Gebührenzahler, sondern an den MDR, der über die GEZ die Gebühren aus Sachsen bekommt.

Jetzt haben Wirtschaftsprüfer bei der SLM schon wieder solche Rücklagen gefunden: 3,6 Millionen aus den Jahren 1999 und 2000, die auf Konten schlummerten, weil technische Pilotprojekte scheiterten. Von der längst eingestellten direkten Filmförderung ist auch noch was übrig, und wieder gibt es Reserven für mögliche Rechtshändel.

„Davon habe ich nichts gewusst. Als sich aber der Verdacht erhärtete, dass hier noch unverbrauchtes Geld vorhanden ist, habe ich umgehend externe Wirtschaftsprüfer bestellt“, stellt sich der ehrenamtliche Präsident des SLM-Medienrats, der Leipziger Anwalt und CDU-Chef Kurt-Ulrich Mayer, als ersten Aufklärer dar. Er spricht von einer „obskuren Hinterlassenschaft“ seines Vorgängers, der bis 1998 die Behörde führte. Das Geld freilich ist noch da – und wirft Zinsen ab: In der Vorlage für den Nachtragshaushalt 2001 verdoppeln sich die Zinserwartungen auf 230.000 Mark.

Wohin mit dem unerwarteten Reichtum? Die Aufsichtsbehörde muss, so steht es im Gesetz, ab 2005 in der „Medienstadt“ Leipzig residieren. Da kommt der Geldregen gerade recht, um schon jetzt eine halb verrottete Villa im noblen Musikerviertel zu kaufen. Die SLM spart schon länger. Und 4,5 Millionen Mark „sind ein günstiger Preis, schließlich restaurieren wir dieses denkmalgeschützte Gebäude“, sagt Kurt-Ulrich Mayer.

CDU-Landtagsabgeordnete mit Wahlkreisen in Dresden sehen das anders: Die SLM solle verantwortungsvoller mit ihren Rundfunkgebühren umgehen. Das ist auch vernünftig: Seit der Wende hat die SLM für ein Gebäude in Dresden mehr als drei Millionen Mark Miete gezahlt – viel zu viel, das weiß auch der Chef. „Das ist auch so eine Altlast, aber ich habe wenigstens ein bisschen runterhandeln können“, stöhnt Mayer.

Der Landesrechnungshof hat diese Miete nie beanstandet. In dem Villenkauf sieht er eine echte Wertbildung. Und die SLM stellt im Haushaltsplan 2002 schon wieder Geld zurück: 100.000 Euro korrekte und zweckgebundene „Umzugsfolgekosten“ für die Pendlertickets zwischen Dresden und Leipzig ab 2005. Am Montag hat der Medienrat der SLM die Haushalte 1999 und 2000 bestätigt. Nicht alles von den zusätzlichen 3,6 Millionen Mark konnte über den Villenkauf oder neue Technik- und Forschungsförderung im Haus gehalten werden: Den Überschuss von rund einer Million Mark soll der MDR wiederbekommen und so sehen die Gebührenzahler ihr Geld vielleicht doch noch wieder: im heimeligen Weihnachtsprogramm.

LEONHARDT KRAUSE