press-schlag
: Warum man die hübsche kleine Bayern-Krise gar nicht recht genießt

Inflation kann sehr müde machen

1932, 1969, 1972, 1973, 1974, 1980, 1981, 1985, 1986, 1987, 1989, 1990, 1994, 1997, 1999, 2000, 2001. Alles Jahre, in denen Bayern München Deutscher Meister war. Inflationär. Aber nach den letzten Spielzeiten wunderte man sich fast, dass Bayern überhaupt mal nicht Meister war. Und nun? Nun haben sie eine inflationäre Ansammlung von Nicht-Siegen, seit Anfang November und fünf Spieltagen hat Bayern München nicht mehr gewonnen, dreimal gar verloren. Krise?

Bayern-Krise! Bayern-Krise! Hey, hey, hey! Leider liest sich das, auch wenn man mit Verve in die Tasten gehauen hat, fad. Selbst mit lautstarker Emphase vorgetragen, klingt es nicht viel besser. Schön wäre eine Krise zwar, nur so aus Gründen der Unterhaltung, auch weil die Bayern das trivialste Objekt für die niedere Gemütsbewegung der Schadenfreude sind. Aber bei einer Mannschaft, die jahrelang fast alles gewonnen hat, was es national zu gewinnen gab, und in den letzten Monaten wirklich alles, was der internationale Wettbewerb anbot, ist ja das, was jetzt ist, schwerlich eine unerwartete Krise, die zum Frohlocken taugt, sondern nur ganz banale, ganz und gar absehbare Müdigkeit.

Müde sind sie also, EffenbergKahnundCo, gehen zur Ruh, schließen beide Äuglein zu und dämmern halt so vor sich hin. So müd, dass sie jüngst sogar gelegentlich eigene Führungen verspielt haben. So müd, dass sie das zwar nicht freut, aber sie es ganz vernünftig erklären können. Mit Müdigkeit Man sieht nun – und zwar mit einigem Bedauern: Sogar Bayern-Spieler scheinen nur Menschen zu sein.

Und für diese Menschen war es schon zu Saisonbeginn eine Anstrengung, so zu tun, als sei die Spielzeit 2001/2002 eine riesige, aufregende Herausforderung – weil es so eine irre Erfahrung wäre, den vierten Meistertitel in Serie zu gewinnen. Der der 18. der Vereinsgeschichte wäre. Vier. 18. Mehr „egal“ geht in Wahrheit gar nicht. In ein paar Jahren, in vier zum Beispiel, oder in 18, hat man es längst vergessen: Wann waren die Meister? Auch 2002? Ja, nein, weiß nicht. Eh egal.

Tatsächlich ist diese Saison nur zum Ausruhen und Einkaufen da. In der nächsten Saison ist Effenberg weg, Deisler kommt sicher, Ballack wahrscheinlich, vielleicht auch noch Kehl. Falls nicht, dann eben nicht. Viel versprechend wird dieser Kader allemal.

Nächste Saison ist mit erhöhter Wahrscheinlichkeit dann auch wieder alles wie 1969, 1971, 1972 . . . Das heißt – stopp! 1971 stimmt nicht. Haben Sie auf die Schnelle gar nicht bemerkt, was? Und verstehen nun also vielleicht, dass Inflation sehr müde machen kann.

KATRIN WEBER-KLÜVER