vorlauf
: Modealltag vonder Stange

„Hautnah – Spuren einer Modemesse“ (23 Uhr, ARD)

Sex sells, und viel nackte Haut sorgt für hohe Zuschauerzahlen. So rechnen die privaten Fernsehsender, und auch in der ARD schließt man sich immer öfter diesem simplen Kalkül an.

Vielleicht aber konnte Autor Otto Jägersberg einfach nicht anders: Models in Unterwäsche und Bikinis eröffnen seine Dokumentation über die Modemesse CPD, die Collections Premieren Düsseldorf. Gewollt lasziv und besonders semiprofessionell präsentieren die Wäschemodels die Trends für den nächsten Sommer. Das ist Düsseldorf.

Wen aber soll das bewegen? Fünf Minuten später zeigt Jägersberg, wie’s auch geht: Wunderschön verrätselte Bilder, ungewohnt die Perspektiven. Welch ein verschenkter Einstieg!

Aber der Autor (die Redaktion?) wollte es platter. 90 Minuten schenkte ihm die ARD, und das ist viel Zeit für eine Dokumentation. Der Trivialität des Alltäglichen ist Otto Jägersberg laut Pressetext gerne auf der Spur. Da ist er auf der CPD, dem weltgrößten Branchentreff, ganz richtig. Hier geht es nicht um die große Show, hier zählt das Preis-Leistungs-Verhältnis, hier geht es um Konfektion und Stangenware-Alltag.

Leider ist der Film auch eher von der Stange; kaum einen liebevollen Blick für Details hat er übrig. Kameraführung und Schnitt: ordentliches Handwerk. Nur der Kommentar gewinnt dem Geschehen gelegentlich ein Fünkchen Originalität ab, ansonsten hält sich der Autor tapfer an die Basics.

Er besucht Designer und Firmen, befragt Hinz und Kunz zur Modephilosophie und vor allem zur Marketingstrategie. Ungebremst darf dabei jeder Geschäftsführer seine Floskeln ins Mikrofon leiern. Natürlich: Qualität, Preis, Absatz. Das ist öde. Peinlich aber wird es, wenn eine Designerin die Modethemen der kommenden Saison beschreibt – angeblich basierend auf einer Gesellschaftsanalyse: Capri, Urlaubsstimmung, Sexyness und alles schön bunt.

Die Messe war im August. Danach wurde das Ende der Spaßgesellschaft ausgerufen, und die sonst so oberflächliche Branche geriet ins Grübeln, ganz zu schweigen von den drastisch gefallenen Umsätzen. Zumindest im Kommentar hätte man sich dazu eine Stellungnahme gewünscht. PETRA BRÄNDLE