Harmonie im Tal der Tränen

Die PDS-Führung erklärt ihrer Basis den Stand der Koalitionsverhandlungen. Die übt sich in sozialistischer Gelassenheit

Natürlich waren sie gekommen, die Gegner des Flughafenausbaus Schönefeld, und natürlich hielten sie ihre Transparente in die Höhe und riefen „Buh“ und „Verräter“, als Gregor Gysi den Saal betrat. Ansonsten blieb es jedoch vorweihnachtlich harmonisch am Dienstagabend bei der Basiskonferenz der PDS im Saal der BVV Prenzlauer Berg. Die Parteiführung war gekommen, um ihre Basis über den Stand der Koalitionsverhandlungen zu unterrichten. Am Ende soll niemand behaupten, er habe von nichts gewusst. Der Saal war übervoll, doch wer Zoff erwartet hatte, wurde enttäuscht. Angesichts ständig neuer Hiobsbotschaften über die Berliner Haushaltslage übt sich auch die Parteibasis in sozialistischer Bescheidenheit. Offensichtlich ist der realpolitische Trend von der Führung nach unten durchgesickert.

Die Verhandlungen seien weiterhin schwierig, auch wenn „weniger Lärm nach draußen dringt“, teilte Landeschef Stefan Liebich gleich zu Beginn mit – wohl auch, um nach all dem öffentlichen Lob über das gute Klima nicht den Eindruck zu erwecken, man verhandele nicht hart genug. Trotz Zeitdruck gelte weiterhin: „Sorgfalt statt Geschwindigkeit“, betonte Liebich. Dennoch habe man bereits etwa 90 Prozent der Sachthemen abgearbeitet. In den restlichen zehn Prozent allerdings stecken so dicke Brocken wie die Finanz- und Personalplanung. Beides war am Dienstag noch nicht verhandelt.

So wurde es dann lediglich beim Thema Großflughafen unruhig im Saal. Der Ausstieg aus dem laufenden Verfahren zum Ausbau Schönefelds sei politisch schon wegen der Haftung des Landes nicht möglich, erklärte Gysi. Er halte es jedoch nicht für unwahrscheinlich, dass das Planfeststellungsverfahren juristisch noch gestoppt wird. „Das können wir aber nicht in den Koalitionsvertrag schreiben“, sagte Gysi.

Mit dieser „Beruhigungspille“ gab sich der Vorsitzende der Bürgervereinigung Berlin-Brandenburg (BVBB), Ferdi Breitbach, erwartungsgemäß nicht zufrieden. Wowereit stehe mit dem Rücken zur Wand und in dieser Situation hätte die SPD „alles unterschrieben, was ihr die PDS vorgelegt hätte“. Allgemeine Heiterkeit.

Ob der Flughafenausbau überhaupt stattfinde, hänge im Wesentlichen vom Finanzierungskonzept ab, meinte Fraktionschef Harald Wolf. Und was er bislang davon erfahren hat, konnte ihn nicht überzeugen. „Eine weitere Bankgesellschaft kann sich das Land Berlin nicht leisten“, sagte Wolf und alle klatschten. Das Vorgehen im Fall Schönefeld – außer im PDS-Bezirk Südost – stieß kaum auf Widerstand.

Das gilt auch für die Koalitionsverhandlung im Ganzen. Es gebe kaum Rückmeldungen aus der Basis, heißt es im Landesverband. „Linke werden nun einmal nicht gewählt, wenn es viel zu verteilen gibt“, sagte Gysi und die Basis scheint verstanden zu haben. Doch nicht nur die, wie Gysi beobachtet hat. Selbst jene, die nicht PDS gewählt haben, nehmen die Regierungsbeteiligung „zumindest stillschweigend zur Kenntnis“. Die Partei müsse sich jetzt deshalb als „Partner zur Konsolidierung“ beweisen und das „Tal der Tränen“ gemeinsam durchschreiten. Nur so ließe sich verhindern, dass die Handlungsräume, die dann langsam wieder entstünden, von den Konservativen genutzt werden.

So war die Basis zunächst auch gütlich gestimmt und betonte nahezu einmütig, dass offensichtlich nicht mehr zu erreichen ist. Allerdings erwarten die meisten mit Spannung, was dann tatsächlich im Koalitionsvertrag steht. Der soll am 12. Januar vom Landesparteitag verabschiedet werden. Dann muss sich beweisen, wie realpolitisch die real existierende Basis tatsächlich ist. JAN ROSENKRANZ