An die europäische Spitze

Was der Rausschmiss von Jürgen Röber mit Berliner Politik, Architektur und Flughafen zu tun hat: Erst strebt alles nach Größe, dann stürzt alles ein. Nur der Hertha-Manager hat es noch nicht begriffen

von UWE RADA

Sehen so Sieger aus? Die Hände nach oben gestreckt, aber keine Pose, stattdessen eine Faust, einem Spieler in die Seite geknufft, und manchmal auch, Sie wissen schon, die Tränen?

Jürgen Röber war kein Siegertyp, zumindest keiner, der sich ins Rampenlicht gestellt hat und den Erfolg anderer als den seinen verkauft hat. Jürgen Röber war einer, der zum Team gehörte, und das Team zu ihm, ein Arbeiter. Vielleicht hat er sogar PDS gewählt, wer weiß. Doch das genau reichte nicht mehr. „Arbeiter haben keine Visionen“, soll Hertha-Manager Dieter Hoeneß einmal gesagt haben, bevor er seinen langjährigen Trainer feuerte. Robert Schwan, den greisen Visionär aus Garmisch, wird’s gefreut haben.

Ja, jetzt heben sie ab, die Herthaner. Wollen einen von ganz oben verpflichten, einen, der sie selbst genau dahin bringen soll. So wie der Großflughafen Berlin-Schönefeld die Hauptstädter in den Himmel schießen soll, ganz nach oben, an die europäische Spitze. Geht’s jetzt also loooooohooooossss!!!

Es ist ein Jammer. Haben wir das nicht alles erst vor kurzem hinter uns gebracht? Olympia zum Beispiel, nicht erst durch Rot-Rot, sondern damals schon, 1993? Ja, richtig, kein Scherz. Olympiastadt wollte Berlin damals werden, Weltstadt, mindestens aber europäische Metropole. Nur Hertha kickte damals in der zweiten Liga. So unansehnlich wie heuer Tennis Borussia in der dritten. Im Nachhinein schien es fast so, als wäre das Herthagekicke ein Omen für die weitere Zukunft der Stadt. Abstieg, wohin das Auge blickt.

Doch dann kam Jürgen Röber, und mit Hertha ging es aufwärts. Abstieg aus der zweiten Liga vermieden, Aufstieg geschafft, Abstieg aus der ersten Liga vermieden. Champions League, zwei Mal Uefa Cup.

So was hat nicht mal Eberhard Diepgen geschafft. Röber war der Held. Diepgen, der Visonär des neuen Berlin und dessen Übungsleiter zugleich, dagegen der Gelackmeierte. Der Flughafen Schönefeld war ins Trudeln geraten, Berlin trug die rote Laterne im bundesdeutschen Wirtschaftsvergleich. Heute wissen wir, wohin das führte.

Und nun ist er weg, unser Jürgen Röber. Soll ersetzt werden durch einen, der kein Arbeiter ist, sondern ein Visionär. Fast so, als wären wir wieder in jenen Jahren nach der Wende gelandet, als Berlin zum Sprung ins „Konzert der Weltstädte“ (Peter Strieder) ansetzte und hernach unsanft im Orchestergraben landete.

Heute ist man klüger, zumindest in der Politik. Man verzichtet auf ein neues Olympia und will am Alex kleinere Türmchen backen. Es geht nicht mehr so geradewegs in den Himmel wie damals, als dort noch die gebratenen Hähnchen umherflogen, wie geschaffen dafür, den Größenwahnsinnigen und Großmannssüchtigen unter den Berliner Provinzlern den Mund wässrig zu machen.

Nur die Hertha-Bosse haben es noch nicht begriffen. Uefa-Cup, das war doch was. Nein, aber es muss schon wieder die europäische Spitze sein. Versuchen Sie es doch mit Eberhard Diepgen, Herr Hoeneß. Und im Gegenzug können Sie ja bei der CDU den Landeschef machen.