„Gemütlich“ für Terroristen

Es gibt für die USA keine einfache Methode, Somalia aus dem vermuteten Zustand eines „gemütlichen Umfeldes“ für Islamisten herauszuholen. Eine Militäraktion ist erst recht umstritten

von DOMINIC JOHNSON

In einer Hinsicht hat die internationale Militäraktion in Somalia längst begonnen. Somalias Premierminister Hassan Abshir Farah hat bestätigt, dass Kriegsschiffe der globalen Antiterrorkoalition entlang der somalischen Küste am Indischen Ozean patrouillieren, um die heimliche Ankunft von Al-Qaida-Kämpfern aus Pakistan zu verhindern.

Das ist die niederste mögliche Stufe der Überwachung eines seit zehn Jahren zerfallenen Landes. Grund dafür ist, wie es US-Afrikastaatssekretär Walter Kansteiner am 7. Dezember in Kenias Hauptstadt Nairobi ausdrückte, dass Somalia „ein Ort ist, wo Terrorzellen eine Art gemütliches Umfeld finden könnten“. Neben dem Versuch, Terroristen von Somalia fern zu halten, müssen die USA also das Land so verändern, dass es für Terroristen kein „gemütliches Umfeld“ mehr ist.

Es ist umstritten, ob für letzteres eine Militäraktion nötig oder überhaupt ratsam ist. Die provisorische Regierung Somalias, die im Sommer 2000 bei einer Versöhnungskonferenz in Dschibuti gebildet wurde und von der UNO anerkannt ist, wird zwar der Sympathie für Islamisten verdächtigt. Aber die USA haben ihr mit der Schließung des Geldhauses al-Barakat bereits das ökonomische Rückgrat gebrochen, und Premierminister Farah hat die USA eingeladen, Soldaten zu schicken, um Terroristen zu suchen.

Doch angesichts der Schwäche dieser Regierung, die nicht einmal die ganze Hauptstadt beherrscht, sind die USA und ihre Verbündeten darauf eingestellt, militante Islamisten in Somalia auch mit Gewalt zu jagen. Kenia hat bereits zugesagt, dafür Basen zur Verfügung zu stellen. Dschibuti mit seinem französischen Militärstützpunkt ist logistische Basis der Seeüberwachung. Äthiopien sondiert zusammen mit den Amerikanern somalisches Territorium. Nach Informationen aus US-Kreisen sind konkrete militärische Planungen für eine Somalia-Operation für die Zeit nach Weihnachten vorgesehen und könnten im Januar umgesetzt werden.

Problematisch ist dabei, dass alle lokalen Gegner der somalischen Regierung sich nun in die Antiterrorkoalition drängen. Dazu gehören nicht nur die beiden Abspaltungen, Somaliland im Nordwesten und Puntland im Nordosten, sondern auch diverse Milizen und Clanchefs mit nicht ganz sauberer Vergangenheit. Einer ist der Sohn des einst von den USA in Somalia bekämpften Farah Aidid, Hussein Aidid – er war einmal selbst Mitglied der US-Marines. Ein anderer ist „General Morgan“, der in den 80er-Jahren im Dienste der damaligen somalischen Regierung blutige Massaker an Aufständischen anrichtete und in den Augen vieler Somalis als größter Kriegsverbrecher des Landes gilt. Sie alle hoffen, von einer US-Aktion gegen Somalias Regierung zu profitieren. „Das neue Spiel in Somalia ist, deinen Feind als Terroristen zu bezeichnen, in der Hoffnung, dass Amerika ihn dann für dich zerstört“, zitiert Reuters eine diplomatische Quelle in Nairobi. Dem Frieden dient das nicht.

So stecken die USA jetzt in einem Dilemma. Wenn sie lokale Kräfte gewähren lassen, ist das Ergebnis nicht mehr Stabilität in der Region, sondern weniger. Aber die Risiken eines eigenen Truppeneinsatzes sind womöglich größer als der Nutzen.