dieser verdammte krieg (64)
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ROGER WILLEMSEN führt das vorerst letzte Kriegstagebuch*

Was bleibt?

Die Ansprüche an Kriege sind gesunken: Verbrecher-Fahndung darf jetzt mit Streubomben betrieben, ein Land zerstört, ein Massenmord an Zivilisten begangen werden, auch wenn am Ende kein einziger Verdächtiger gefasst ist, die Zahl der Kriegstoten verschwiegen und das „Beweisvideo“ in der Übersetzung entscheidend gefälscht werden musste. Das Ergebnis dieses Krieges ist auch in den Maßstäben der Kriegsführer ein Debakel. Es ist kein fadenscheinigerer Vorwand für einen Krieg, kein schnellerer Abbau demokratischer Rechte, keine dümmere Rhetorik denkbar als die von Bush.

Es ist auch kaum eine konformere Kriegsbegleitende Publizistik denkbar, keine uneingeschränktere Partnerschaft und keine entschiedenere Marginalisierung der Kritik. Kein einziger politischer oder humanitärer Einwand hatte auch nur den geringsten Einfluss auf diesen Krieg, den keine Diktatur hätte reibungsloser durchführen können. Mit dem Ende des Afghanistan-Feldzuges haben die Kriegsmächte vielmehr dem Hass der Dritten Welt neuerliche Legitimität verliehen: Kein demokratisches Gelöbnis, kein Bekenntnis zu Völkerrecht und Humanität, keine Beschwörung der freien Meinungsäußerung wird noch klingen wie zuvor. Vielmehr wird man Demokratien künftig daran messen können, wie rasch, wie gewaltsam, wie eigenmächtig sie wenden, wie verlogen sie das Pseudos ihres Humanismus beschwören und wie umstandslos sie im Namen des Volkes den Feinden des Volkes zuarbeiten dürfen.

Das bleibt.

* Das Kriegstagebuch wird ziemlich sicher zurückkehren müssen.