Spanier schalten Lichterketten aus

Die Liberalisierung hat nicht funktioniert. Der Kälteeinbruch führt zu Engpässen bei der Stromversorgung

MADRID taz ■ In Spanien fehlt es an Strom. Städte schränken die Weihnachtsbeleuchtung ein, Haushalte und Industrie werden von der Regierung angehalten, Energie zu sparen. Doch das reicht nicht. Immer wieder kommt es in Madrid, Barcelona und Valencia zu Abschaltungen.

Dank einer ungewöhnlichen Kältewelle reichen die Kapazitäten der Elektrizitätswerke nicht aus. In Spitzenzeiten rufen die Verbraucher mehr als 35.000 Kilowattstunden ab. Zu viel. Um einen allgemeinen Spannungsabfall zu verhindern, legen die Versorger kurzer Hand für ganze Stadtteile den Hebel um.

„Das sind Zustände wie in der Dritten Welt“, erklärt die empörte sozialistische Opposition. Sie wirft der Regierung von José María Aznar Untätigkeit vor. Bereits nach der Hitzewelle im Sommer, als das Netz zum ersten Mal zusammenbrach, hat die Nationale Energiekommission (CNE) den Strommarkt untersucht. Ergebnis: An Energie fehle es nicht, außer wenn es zu einer Verknüpfung unglücklicher Umstände komme. Empfehlung: In den nächsten vier Jahren müssten drei Milliarden Euro investiert und die Kapazitäten um 20 Prozent ausgebaut werden. Doch die spanischen Energiekonzerne wollen davon nichts wissen.

Sie halten nach wie vor ein Monopol. Denn die Privatisierung und Liberalisierung des Strommarktes hat die Konkurrenz bisher nicht belebt. Zwar sind einige ausländische Unternehmen bei den spanischen Konzernen eingestiegen, doch als neuer eigenständiger Versorger hat sich keines positioniert. Spaniens Große, Endesa und Iberdrola, beherrschen zusammen über 80 Prozent des Marktes. Sie suchen ihr Glück seit Jahren in Übersee. In Spanien selbst haben sie kaum investiert. So fehlt es an eigenen Kapazitäten, und auf Fremdstrom kann auch nicht zurückgegriffen werden. Denn das Land auf der iberischen Halbinsel ist nur sehr spärlich an das europäische Stromnetz angeschlossen.

Jetzt versuchen die Stromversorger, die Gunst der Stunde zu nutzen. Sie verlangen von der Regierung eine völlige Freigabe des Strompreises. „Dafür gibt es überhaupt keinen Grund“, befindet jedoch der stellvertretende Regierungschef Mariano Rajoy und verweist auf die Geschäftsergebnisse der Stromversorger. Die vier größten Gesellschaften zusammen haben alleine in diesem Jahr 2,4 Milliarden Euro verdient. REINER WANDLER