: was macht eigentlich . . . Walter Sickert?
Austreten
Jetzt ist es doch noch gelungen: Es hat sich ein Sozialdemokrat gefunden, der medienwirksam aus Protest gegen die rot-rote Koalition sein Parteibuch zurückgibt. Wie lange haben wir darauf gewartet, täglich die B. Z. studiert, ob Gaffron und Co nicht endlich jemanden gefunden haben, der antikommunistischer Rhetorik mehr Legitimation verleihen kann als 35-jährige Bodenfachhändler aus Reinickendorf. Wer aber wirklich etwas gegen die gewendeten SEDler hat, der ist längst ausgetreten aus der Berliner SPD oder hält den Mund, um nicht den Konservativen in die Hände zu spielen.
Nicht die B. Z., sondern die seriöse Schwester Morgenpost hat schließlich den letzten Aufrechten gefunden: Der 83-jährige Walter Sickert schrieb Anfang der Woche an seinen Parteivorstand: „Ich erkläre hiermit meinen Austritt.“
Sickert, der Rot-Rot meint, wenn er schreibt, „diese Art sozialdemokratische Politik kann ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren“, war einmal einflussreich. Er fungierte als DGB-Landesvorsitzender und Parlamentspräsident, bekämpfte die verhasste Ostberliner Diktatur mit Freiheitskundgebungen vor dem Rathaus Schöneberg und wurde dafür mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband, der Ernst-Reuter-Plakette und der Würde des Stadtältesten geehrt. Diese Auszeichnungen behält Sickert, etwas anderes hat er zurückgegeben: das rote sozialdemokratische Parteibuch, indem 53 Beitragsjahre verzeichnet sind. R. A. FOTO: PAUL GLASER
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