Reise über den Tellerrand

Der berufsbegleitende Studiengang „Sozial- und Gesundheitsmanagement“ an der HWP fördert Wissen und Karriere  ■ Von Annette Kohlmüller

„Das moderne Sozial- und Gesundheitssystem ist so kompliziert geworden, dass selbst Fachleute kaum noch verstehen, wie es funktioniert“, sagt Christoph Kranich. Der 48-Jährige ist Fachmann: Als Leiter der Fachabteilung Gesundheitsdienstleistungen der Verbraucherzentrale Hamburg berät er PatientInnen, entwickelt Kriterien für Qualitätskontrollen und versucht Missstände im medizinischen Bereich zu beheben. Seine Kenntnisse hat er zum großen Teil durch das Studium „Sozial und Gesundheitsmanagement“ erworben.

Das Angebot des Instituts für Weiterbildung der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) ermöglicht ArbeitnehmerInnen aus medizinischen, sozialen oder pflegerischen Bereichen den Besuch berufsbegleitender Seminare. „Das Studium wendet sich vor allem an Personen in mittleren Führungspositionen, die Zusammenhänge erkennen und wissen müssen, wie ihre Institution arbeitet“, sagt Kranich.

Er war einer der ersten Studierenden an dem 1991 gegründeten Kontakstudiengang. Heute ist er dort nebenberuflich als Dozent tätig. „Seit meinem Zivildienst und meiner darauf folgenden Tätigkeit als Krankenpfleger wollte ich im gesundheitspolitischen Bereich arbeiten“, erzählt Kranich. Er absolvierte ein Diplom-Pädagogik-Studium mit Schwerpunkt Gesundheitsprävention und arbeitete anschließend bei der Patienteninitiative Hamburg. Dort erfuhr er von dem HWP-Angebot, und das „entsprach genau meinem Ideal, aus der Praxis heraus zu lernen und Fragen zu entwickeln. Das hat mir bei meinem Pädagogik-Studium gefehlt.“

Kranich begann, neben seiner 20 Stunden-Stelle, abends zu studieren. Mit dem neu erworbenen Wissen und dem Abschlusszertifikat in der Tasche bewarb er sich bei der Hamburger Verbraucherzentrale und erhielt – wie er sagt – prompt seinen Idealjob.

Während zu Kranichs Studienzeiten der Stundenplan der angehenden Sozial- und Gesundheitsmanager noch starr festgelegt war, wurde 1994 ein Baukastensystem eingeführt. Für die Studierenden sind heute nur noch bestimmte, regelmäßig stattfindende Pflichtkurse verbindlich. Ansonsten können die TeilnehmerInnen den zeitlichen und inhaltlichen Ablauf weitgehend selbst bestimmen: möglich sind Seminare an Wochenenden, Abenden oder als Bildungsurlaub. Das hätte er damals auch gern in Anspruch genommen, erinnert sich Kranich. „Dafür fand ich es gut, einen festen Klassenzusammenhalt zu haben. Das war nicht so ano-nym.“

Aus diesem Grund empfiehlt Andreas Eckmann, der seit 1996 an der HWP eingeschrieben ist, den Studierenden, einen so genannten Begleitkurs zu besuchen, bei dem sie sich regelmäßig treffen und Kontakte knüpfen können. Der 41-jährige Eckmann ist seit drei Jahren bei der Betriebskrankenkasse (BKK) als Leiter des Bereichs stationäre und integrierte Versorgung tätig. Sein Motiv für die Weiterbildung war ganz klar: Karriere machen. „Ich habe vierzehn Jahre als Arzt im Krankenhaus gearbeitet. Als Anästhesist hatte ich dort keine Chance auf berufliches Weiterkommen“, sagt er. Mit Hilfe des HWP-Studiums wollte er deswegen im Verwaltungsbereich Fuß fassen. „Ich war immer ein bisschen exotisch: Zuerst ein Arzt, der sich mit Betriebswirtschaft beschäftigt, jetzt ein Versicherungsangestellter, der eigentlich Arzt ist.“

Bereut hat der Mediziner den Wechsel nicht. Das Studium habe, so sagt er, seinen Horizont sehr erweitert. „Am Anfang fand ich es blöd, dass soziale und Gesundheits-Themen nicht getrennt behandelt wurden. Ich dachte: was soll ich denn mit den ganzen Sozialtanten in einem Kurs sitzen?“ Rückblickend empfindet es Eckmann jedoch als Bereicherung, während der Ausbildung mit Menschen aus so vielen verschiedenen Berufsgruppen zusammengekommen zu sein. „Man lernt von den Erfahrungen anderer, und man lernt, sich zu verstehen und miteinander zu kommunizieren.“ Im Krankenhaus habe demgegenüber eine strikte Trennung zwischen ÄrztInnen, PflegerInnen und Verwaltung geherrscht.

„Daran krankt es in vielen Bereichen des Gesundheitssystems, dass Leute nur in ihrem Spezialgebiet verhaftet sind und nicht nach rechts und links schauen“, betont Eckmann. Angehende Sozial- und Gesundheitsmanager sollten deshalb nicht nur ihre Pflichtstunden absolvieren, sondern sich möglichst viel Zeit beim Studieren lassen.