Hyperventilation nach Kaffeetest

■ Starbucks schwappt aus den USA nach Europa. Und auch in Bremen gibt es immer mehr Kaffeebars zum Süffeln und Abspannen Seit zwei Euro für eine Tasse kein Tabu mehr sind, sprießen sie wie Bohnen aus dem Boden. Unser taz-Test

Filterkaffee aus dem Kännchen ist out, Kaffeebars sind in. Auch in Bremen, der Stadt von Jacobs, Melitta, Onko und Kaffee Hag, setzt sich der italo-amerikanische Trend zur schnellen Luxus-Plörre an der Bar, stark und frisch aus der Espressomaschine, immer mehr durch. Die taz ging dem Trend nach und probierte, wie der neue Kaffee schmeckt.

Der Rundgang beginnt in der Katharinenpassage. Gleich zwei der schwarzen Suppenküchen haben sich dort angesiedelt. Die „World Coffee“-Filiale ist klein, mit orangenfarbigen Wänden und eckigen Stehtischchen aus Holz. Auf der Karte mindestens ein Dutzend Variationen des Coffein-Trunks. Espresso, Cappuccino und Latte Macchiato gehören hier zu den Basis-Produkten. Auf Bestellung werden sie kombiniert und mit verschiedenen Zutaten verfeinert.

Doch die Wahl des richtigen Kaffee-Milch-Schaum-Schokolade-Sirup-Mixes ist nicht die einzige, die an der Theke zu treffen ist.

„Should I stay or should I go“, besang „The Clash“ schon in den 70-r Jahren und ohne es zu wissen die Leitfrage aller zukünftigen Kaffeebar-Besucher. Ein Drittel der Bohnen-Trank-Süchtigen antwortet mit „coffee to go“, weiß Filialleiter Christian Coenen. Der Rest bleibt.

Die Kaffeebars sind auf diese Klientel bestens vorbereitet. Statt Garderoben und Stühlen bieten sie Stehtische und bestenfalls Barhocker. „To stay“ ist wie „to go“ – nur ohne Ortswechsel. Rangeln sich in Cafés und Kneipen immer alle um die hinteren Plätze – versteckt, kuschelig und gerade in der kalten Jahreszeit am besten noch in der Nähe eines wärmenden Ofens –, scheinen die Kaffee-TrinkerInnen das genaue Gegenteil davon zu suchen. Zuerst sind immer die Tischchen im Schaufenster belegt – zugig, direkt am Eingang und mit Blick auf die PassantInnen. „Unsere Kunden haben auch kein Problem, sich bei Kälte raus in die Passage zu stellen“, sagt Arnd Sylvanus, Operativer Leiter der World-Coffee-Kette und zeigt auf die Bartische vor der Tür. Die sind gut belegt. Sylvanus: „Das Geschäft läuft, seit die Leute bereit sind, zwei Euro für eine Tasse Kaffee zu zahlen.“ Im Klartext: Von Tchibo-Stehpreisen kann keine Kaffee-Bar leben.

Trotz allem – der unabhängige taz-Tester ist enttäuscht. „Der Milchschaum auf dem „World Coffee“-Cappuccino ist salzig“, seufzt er. Wie die taz ermitteln konnte, trinkt auch Sylvanus seinen Kaffee bisweilen bei der Konkurrenz nebenan – „aber nur zu Test-Zwecken“, wie er betont.

„Costa“, keine 50 Meter weiter, erst im Frühjahr eröffnet , lockt mit gelb-violett-grauem Interieur. Die gemütlichen runden Sessel und Stühle im Obergeschoss sind für Kaffeebars genauso eine Ausnahme wie die niedrigen Tische. Im Erdgeschoss geht es da schon typischer zu: Die Front zur Passage hin ist offen, zur Theke mit Espressomaschine und Croissants gesellen sich Stehtische mit Barhockern. Zehn Kilogramm Kaffeepulver werden hier täglich verkocht, sagt die Bedienung. Der Cappuccino ist dem Urteil des unabhängigen taz-Testers zufolge „sehr würzig“ und zudem „wesentlich milchiger als bei World Coffee.“ Und: „Der Milchschaum ist schön süß.“

Vom neuen Kaffeebar-Trend will seit gestern auch Nahrungsmittelmulti Nestlé profitieren. Er eröffnete sein neues Café Nescafé im Börsenhof. Espressomaschinen sucht man in der Coffein-Tankstelle jedoch vergeblich: Der Kaffee wird komplett aus Instant-Pulver hergestellt. Das steht in den bekannten Dosen im Regal und kann auch gleich mitgenommen werden. „Für Instantcappuccino erstaunlich gut“, sagt der taz-Tester – nach der vierten Test-Tasse schon kurz vorm Hyperventilieren. Die Milch sei im löslichen Kaffee schon als Pulver drin, verrät derweil Daniela Schwarz, Projektmanagerin für Kaffee Nescafé in Deutschland: „Aber so, dass man es nicht merkt.“

hoi