Frauen vor Gericht

Internationale Proteste gegen ein Verfahren wegen „illegalem Schwangerschaftsabbruch“ in Portugal

MADRID taz ■ Portugals Justiz kennt kein Erbarmen. Gegen 17 Frauen wird derzeit wegen illegalem Schwangerschaftsabbruch ermittelt. Sollten sie für schuldig befunden werden, drohen ihnen Haftstrafen bis zu drei Jahren. Alle Betroffenen entschieden sich zu dem Schritt aus sozialen Gründen. Eine Angeklagte ist erst 16 Jahre alt, eine andere hat bereits vier Kinder, ist schwer krank, arbeitslos und wurde von ihrem Mann verlassen. Mit auf der Anklagebank in Maia, einem Ort nahe Porto, werden 26 Ärzte, Krankenschwestern sowie Apothekenangestellte sitzen. Ihnen wird vorgeworfen, ein illegales Netz zur Vornahme von Abtreibungen unterhalten zu haben.

Womit die Richter nicht gerechnet haben: Der Fall erregt internationales Aufsehen. Über 60 Europaparlamentarier aller politischen Tendenzen haben mittlerweile einen Aufruf der portugiesischen Europaabgeordneten Ilda Figueireda unterschrieben. Nach diesem Erfolg versandte die Kommunistin ihre „internationale Solidaritätserklärung“ weltweit an Intellektuelle, Künstler und Politiker. 800 Unterschriften stehen bereits unter dem Dokument, das für die Wahrung „der Würde und Gesundheit der Frauen sowie eine bewusste Mutterschaft“ eintritt. Darunter befinden sich so namhafte Unterzeichner wie die Opernsängerin Julia Migenes, der US-amerkanische Linguist Noam Chomsky, der französische Soziologe Pierre Bourdieu oder die deutsche Schauspielerin Hannah Schygulla.

„Wir verlangen nicht nur den Freispruch der betroffenen Frauen, sondern eine Reform des Gesetzes, dahingehend, dass Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen auch aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen möglich sind“, erklärt Figueireda.

In Portugal ist ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zehn Wochen nur dann zulässig, wenn schwere gesundheitliche oder psychische Schäden der Mutter drohen, der Fötus schwere Missbildungen aufweist oder die Schwangerschaft das Ergebnis einer Vergewaltigung ist. Viele Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern weigern sich aus Gewissensgründen, den Engriff vorzunehmen. Die Zahl der Frauen, die ihr Glück in illegalen Abtreibungskliniken suchen, wird auf jährlich 20.000 geschätzt. Viele von ihnen sind minderjährig.

1998 verabschiedete das Parlament eine Neuregelung, die Straffreiheit vorsah sowie die Frist verlängerte. Doch anstatt das Gesetz anzunehmen, rief der strengkatholische, sozialistische Regierungschef Antonio Guterres gegen den Widerstand seiner eigenen Partei eine Volksabstimmung ein. Daran scheiterte die Reform. REINER WANDLER