Duft des Krieges

Alfred Seest hat sich auf seine Nase verlassen und einen Kriegsschatz ausgehoben  ■ Von Annette Kohlmüller

„Auf deinem Grundstück liegt ein Schatz“, veriet der 67-jährige Alfred Seest seinem Bekannten Tim Broders vor wenigen Tagen. Dass der beschriebene Platz genau unter dem Misthaufen seines Hofes im dänischen Hoptrup (Nordschleswig) lag, schreckte Bauer Bitten nicht ab. Er organisierte einen Bagger und begann zu buddeln. „Meine Freunde haben gelacht“, erzählt der gelernte Zimmermann. „Als sie nach einer Stunde wieder vorbeikamen, haben sie noch mehr gelacht. Aber als ich nach zwei Stunden tatsächlich etwas entdeckte, haben sie ganz schnell selbst zur Schaufel gegriffen.“

Ans Tageslicht kamen mehrere verrottete Pappkis-ten und Dutzende von Fläschchen und Flacons, gefüllt mit Aftershave, Parfüm und Haarwasser - alles Bestände aus dem zweiten Weltkrieg. „Die meisten Glasbehälter waren noch intakt“, berichtet Broders. Auf einigen Etiketten habe er sogar die Namen Ambre d'Orient und Cypres Worth entziffert. Bevor er aber vorsichtig an einer Flasche schnupperte, benachrichtigte er sicherheitshalber die Polizei. „Die meinten, ich könne das Zeug behalten. Giftig sei es nicht.“

Auch das Hoptruper Heimatmuseum zeigte bisher kein Interesse an seinem Fund. Dabei ist die Geschichte zumindest insofern historisch, als noch niemals so viele Medienvertreter das beschauliche kleine Dörfchen bevölkert hatten, wie nach Bekanntmachung des Fundes. Selbst das dänische Fernsehen berichtete, wie Alfred Seest im Mai 1945 als Zehnjähriger heimlich beobachtet hatte, wie mehrere Männer nachts ein vier Quadratmeter Meter großes Loch aushoben und darin etliche Kisten verschwinden ließen.

Damals habe er sich nicht getraut, jemandem von seiner Entde-ckung zu berichten. Als er kurz da-rauf mit seinen Eltern das Dorf verließ, geriet die Sache in Vergessenheit. Erst über ein halbes Jahrhundert später erzählte er Tim Broders, dem neuen Mieter des Hofgrundstücks, von dem geheimnisvollen Ereignis. Familie Broders ermittelte und fand heraus, dass wahrscheinlich Wehrmachtssoldaten beim Abzug aus Dänemark die Drogeriewaren an einen Landwirt verhökert hätten. Dieser habe sie aus Angst vor Entdeckung versteckt und bis zu seinem Tod vor einigen Jahren nicht wieder hervorgeholt. „Niemand wäre auf die Idee gekommen, unter einem Misthaufen nach einem Schatz zu suchen“, freut sich Broders.

Nach 400 Fläschchen hat er aufgehört zu graben. „Da ist sicher noch mehr. Wer weiß, vielleicht sogar alte Dokumente oder Schmuckstücke.“ Den Rest will er erst einmal im dunklen Lehmboden ruhen lassen - solange bis der Frost vorbei ist oder sich ein Interessent für die Fläschchen findet. „Wer die Sachen haben will, soll sich auch selbst die Finger schmutzig machen“, meint Broders. Im Übrigen könne er die Duftwässerchen sowieso nicht benutzen. „Denn meine Frau bevorzugt neue Marken.“

Schatzsucher in Deutschland sollten sich genau überlegen, wo sie anfangen zu graben. Denn laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) gilt, dass ein Schatz zur Hälfte dem Entdecker und zur Hälfte dem Eigentümer des Grundstücks, wo der Schatz gefunden wurde, zusteht. Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamtes Hamburg- Mitte, erklärte, bisher seien in Hamburg noch keine größeren Funde bekannt geworden. Die Stadt würde sich ihren Anteil jedoch nicht entgehen lassen. Wie man allerdings mit 60 Jahre alten Parfümflaschen verfahren würde, müsste man noch klären.

Ausführliche Informationen für alle Wühlmäuse finden sich im Internet unter www.goldsucher.de