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Mehr als nur Zitate

■ Der DFB beschert der Ausstellung „Tatort Stadion“ einen Rummel, den er sich lieber erspart hätte

Der Schirmherr der Wanderausstellung „Tatort Stadion. Rassismus und Diskriminierung im Fußball“, die gestern nach ihrem Umzug von Berlin nach Hamburg eröffnet wurde, hatte sich bereits lange vor seinem Auftritt im DGB-Haus eingefunden. Der ehemalige Keeper des FC St. Pauli, Klaus Thomforde, schaute sich sorgfältig die einzelnen Tafeln an, auf denen die vom Bündnis Aktiver Fußball Fans (BAFF) gesammelten, schauderlichen Impressionen zusammengestellt waren. Bevor er seine Rede hielt, interessierte ihn, was den Aufruhr der letzten Tage eigentlich ausgelöst hatte. Entgegen aller medialen Aufregung waren es allerdings nicht die inzwischen zahlreich übermittelten Zitate des DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder, die ihn am meisten interessierten, sondern die diskriminierenden Aussagen, mit denen seine ehemaligen Kollegen von ebenfalls vermeintlichen Kollegen konfrontiert wurden (“Scheiß Nigger, hau ab!“ Paul Steiner zu Souleman Sané) und schüttelte den Kopf.

Später in seiner Rede dann, versuchte der Torwart zu erklären, das die Ausstellung viel zu wichtig ist, als in dem momentanen medialen Hype stigmatisiert zu werden. „Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer vermeintlichen Außenseiterrolle in der Gesellschaft oder wegen ihres Geschlechts zu entwürdigen, ist auch eine Form von Gewalt. Warum ist das im Fußball so und nicht beim Skispringen?“, fragte er.

Mindestens fünf Kamerateams und 40 Journalisten hörten ihm zu und waren doch nur gekommen, um die diskriminierten Zitate des DFB-Präsidenten in ihren Block zu schreiben oder auf Filmband zu dokumentieren.

Ein Aufgebot, das sich der DFB gerne erspart hätte, sich aber selbst zuzuschreiben hat. Erst die plötzliche Weigerung, eine bereits versprochene Fördersumme von 5000 Euro zu überweisen, führte zu einem gesteigerten öffentlichen Interesse. „Ich verstehe den DFB nicht. Hätten sie gezahlt, wäre das Thema überhaupt gar nicht hochgekocht“, sagt Mitorganisator Heiko Schlesselmann.

Ein Fehler, den DFB-Vizepräsident Werner Hackmann von sich weist: „Zu Beschlüssen, die in meiner Anwesenheit in einer Sitzung getroffen wurden, stehe ich.“ Ein Zustand, den er in seiner Funktion als Präsident des Hamburger SV „auch in keiner Weise differenziert sehen kann“. Ursprünglich wollte der Hamburger SV bei der Eröffnung vertreten sein. „Alle Bundesliga-Vereine wollten die Ausstellung unterstützen, doch das DFB-Präsidium hat beschlossen, sich aus dem Projekt zurückzuziehen“, begründete Hackmann die Abwesenheit des HSV. Dagegen sponsern die HSV-Supporters immerhin eine Wand der Ausstellung mit 250 Euro.

So waren auf der Ausstellung einzig Verantwortliche des FC St. Pauli anwesend, die den Veranstalter auch finanziell unterstützten. „Vom DFB hat sich bei uns niemand gemeldet“, sagte St. Paulis Vizepräsident Christian Pothe und wies Spekulationen über eine Einflussnahme des DFB auf die Unterstützung der Ausstellung durch den FC St. Pauli zurück.

Für Klaus Thomforde wäre dies auch unverständlich. „Fußball ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft. Fußballspieler und Vereine müssen sich öffentlich äußern und sich von Rassismus und Diskriminierung in ihren Stadien distanzieren.“ Oke Göttlich

Tatort Stadion, Ausstellung bis 8.2. im DGB-Gebäude, Besenbin-derhof 60; www.tatort-stadion.de

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