Freie Unternehmer-Menschen

■ Neues aus dem Hause Opaschowski: Arbeitgeber können sich über die Studie besonders freuen

Eine neue Arbeitspersönlichkeit ist gefragt: der neue Selbständige. Bereit, 80 bis 100 Stunden die Woche zu arbeiten, jedes finanzielle Risiko zu tragen, immer gesund und mit Frau und Kindern, die dies rückhaltslos unterstützen. Schließlich liege Deutschland – was den Bevölkerungsanteil der selbständigen betrifft – weit hinter Ländern wie Griechenland, Italien oder Portugal zurück, jammert Freizeitpapst Horst W. Opaschowski. Gestern stellte er unter der Schirmherrschaft der British American Tobaco (BAT), eine neue Studie mit dem Titel „Start-up ins Leben. Wie selbständig sind die Deutschen?“ vor.

In gewohnter Manier vermischt er darin unzusammenhängende Fakten, zieht unzulässige Vergleiche und bläht Banalitäten zu pseudo-wissenschaftlichen Erkenntnissen auf. Dass zum Beispiel die befragten Personen beim Wort „Selbständigkeit“ eher an ein Persönlichkeitsmerkmal als an eine Unternehmensgründung denken, dürfte, außer Opaschowski, kaum jemanden beunruhigen. Auch die Idee, dass Lehrer mehr beraten und weniger Wissen vermitteln sollten, ist nicht unbedingt neu.

„Immer noch dominiert das Leitbild des Industriezeitalters“ wettert der Erziehungswissenschaftler. Versklavte, unselbständige Arbeitnehmer, strebten – von dumpfer Versorgungsmentalität getrieben – keine höheren Ziele als ein regelmäßiges Einkommen und sechs Wochen Jahresurlaub an. „Da sind die Zustände in den USA doch viel besser.“ Dort gäbe es wenigstens nicht so viele lästige Sozialstandards wie hierzulande.

Wem denn eine verselbständigte Gesellschaft tatsächlich nutzen würde, lässt die Opaschowski-Studie offen. Man könnte behaupten: In erster Linie dem Arbeitgeber. Denn junge, aufstrebende Unternehmer gelten als ideale Konsumenten, nicht zuletzt auch von Tabakwaren. Das Argument, jeder Selbständige schaffe im Durchschnitt vier Arbeitsplätze, führt das Argument, Selbständigkeit befreie von der Sklaverei der Angestellten, ad absurdum. Oder beschäftigen Selbständige nur Selbständige? Auch vorstellbar: Sekretärinnen, Putzmänner, und Hausmeister verzichten auf Verträge und damit auf Vergünstigungen wie Urlaubsgeld, Kranken- und Rentenversicherung. Dafür können sie als freie Unternehmer-Menschen durchs Leben schreiten. Und selbst wieder Unter-Selbständige einstellen.

Annette Kohlmüller