Das „Mäuschen“ will es noch mal wissen

Die Pornodarstellerin Cicciolina verlässt die italienische Politik und will jetzt in ihrer Heimatstadt Budapest kandidieren

Das ungarische Parlament könnte bald um eine Attraktion reicher sein: Ilona Staller, besser bekannt als Pornostar Cicciolina, will bei den Parlamentswahlen im April für den Budapester Arbeiterbezirk Kőbánya kandidieren. Das könnte spannend werden, denn Cicciolina brüstet sich auf ihrer Homepage damit, die erste Frau in Italien gewesen zu sein, die ihren Oberkörper im Fernsehen entblößte.

Die international bekannte Pornoqueen wurde in Budapest geboren, ihr Vater war Offizier des kommunistischen Innenministeriums. Früh verließ sie die tristen Plattenbauten im grauen Industriegelände und wanderte nach Italien aus, wo sie anfangs eine Radiosendung moderierte.

Für Aufsehen sorgte Cicciolina in den Siebzigerjahren mit einer Disko-Tour, bei der sie sich in einem Käfig mit Schlangen nackt herumwälzte und dabei einige Liedchen ins Mikrofon hauchte. Landesweit bekannt wurde sie mit der TV-Sendung „C’era due volte“, in der sie ihre beeindruckende Oberweite zur Schau stellte. „Viele weitere Auftritte, Interviews, TV-Shows und Pornofilme folgten“ – schreibt sie bescheiden über ihr Leben, verrät aber ihr Alter nicht. Sie wurde Ungarns berühmteste Tochter, wenngleich ihre Landsleute davon zu jener Zeit wenig erfuhren.

Cicciolina startete 1979, parallel zu ihrer Pornokarriere, auch eine politische Laufbahn. Nach eigenen Angaben hat sie Italiens erste grüne Partei mitbegründet. Sechs Jahre später wechselte sie zur „Partito Radicale“, kämpfte gegen Nuklearenergie, „Hunger in jeder Ecke der Welt“ und für Menschenrechte. 1987 schaffte sie den Sprung ins Parlament. Im Stadtbezirk Lazio von Rom erhielt sie die nötigen Stimmen.

Fünf Jahre saß sie im Parlament. In dieser Zeit heiratete sie den amerikanischen Künstler Jeff Koons, der sie auf überdimensionalen Ölgemälden verewigte und damit auch in angesehenen Museen hoffähig machte. Drei Jahre lebten die beiden zusammen. Nach der Trennung stand das Paar in der Öffentlichkeit. Grund dafür war ein schmutziger Streit über das Sorgerecht für den einzigen Sohn.

Danach wurde es still um die pensionierte Pornodarstellerin, und Cicciolina entdeckte ihr Heimatland neu. In den ungarischen Medien waren öfter Berichte zu sehen, die Cicciolina beim Besuch ihrer alten Mutter, einer pensionierten Hebamme, im Plattenbau zeigten. Mit einem Auftritt beim privaten TV-Sender RTL-Klub in der Sendung „Sieben Tage, sieben Köpfe“ machte sie sich auf einen Schlag beliebt und auch ein wenig lächerlich. Ihre Muttersprache beherrscht sie nur mit Mühe und macht viele Fehler. Und seitdem glaubt das Land: Sie will immer nur das eine.

Das kann schon stimmen, doch will Cicciolina auch etwas anderes: einen Sitz im Parlament. „Meine politische Ziele sind einfach: sichere Zukunft ohne Kernenergie, absolute sexuelle Freiheit, Recht auf Sex in Gefängnissen und die Legalisierung von weichen Drogen.“ In Budapest will sie sich verstärkt für das Gesundheitswesen, Umweltschutz und Aufklärung in Schulen einsetzen.

Die Ungarn sind ihrer Parteien überdrüssig. Und für die Arbeiter im armen Bezirk von Kőbánya bringt keine Regierung eine rasche Verbesserung. Wenn die ungarische Politik so weitermacht wie bisher, wird Cicciolina spätestens bei den Wahlen 2006 den Sprung ins Parlament schaffen. MÁRTON GERGELY