Zeckenbiss und Rechtschreibschwäche

■ Ein neues Handbuch im Internet beantwortet Fragen rund ums Kind / Ab Sommer bieten Kitas zusätzlich Eltern-Trainings

Wieviel Taschengeld ist angemessen, wieviel Fernsehen? Ist Höflichkeit out? Was tun bei Zeckenbissen? Und: Alternativen zu Körperstrafen. Das sind – unter vielen anderen – die Themen des online-Familienhandbuches, das für Eltern neuerdings im Internet unter der Adresse www.familienhandbuch.de zur Verfügung steht. Ein gutes Jahr haben Fachleute am Institut für Frühpädagogik an der fetten Schwarte im Netz gearbeitet und unter der Obhut des renommierten Familienforschers W.E. Fthenakis über dreihundert alltagsnahe Artikel versammelt. Auch ein Chat-Raum für Eltern steht zur Verfügung.

Gestern nun stellte Ilse Wehrmann, Chefin aller bremisch-evangelischen Kindergärten und Bundesvorsitzende der evangelischen Kitas das online-Handbuch vor – gemeinsam mit dem Münchner Institut hat sie das Projekt vorangetrieben. Finanziert wurde es letzlich vom Bundefamilienministerium mit 650.000 Mark. Dass die Elternbriefe, die in Bremen jedem Haushalt mit Kindern automatisch und regelmäßig zugeschickt werden, dadurch nicht überflüssig werden, liegt auch für Wehrmann auf der Hand. Erst 60 Prozent der Bundesbürger sind am Netz, die Mitarbeiter des Handbuchs arbeiten deshalb auch an weiteren Verbreitungsmöglichkeiten – Service-Points in den Wartezimmern der Frauenärzte zum Beispiel.

Aber auch das online-Handbuch kann nur ein erster Schritt sein. „Elternbildung rückt nach der Pisa-Studie verstärkt in den Blickpunkt“, konstatiert Ilse Wehrmann, neben Kindergärten und Schulen ist die Familie die dritte Institution, die sich fragen muss, ob sie gut genug auf ihren Erziehungsauftrag vorbereitet ist. Gestern startete daher auch eine Seminarreihe für ErzieherInnen, in der sie zu Themen wie Familienintervention, Partnerschaftspflege und anderen fortgebildet werden. „Bislang haben die Mitarbeiterinnen in den Kitas immer auf Fachleute verwiesen, aber warum sollen sie die Eltern nicht selbst beraten?“, fragt Wehrman. Auch Fridolin Sickinger vom Amt für soziale Dienste bestätigt, dass es bislang an niedrigschwelligen Beratungsangeboten in Bremen fehle. Das soll sich ab Sommer ändern. In den Kindergärten selbst, aber auch in Bürger- und Sozialzentren sollen Eltern mit populären Methoden wie Videos trainiert werden. „Auf alles im Leben wird man vorbereitet, nur nicht auf die Kindererziehung“, weiß Sickinger. Und da verbindliche Erziehungskonzepte nicht mehr existieren, herrscht Unsicherheit. Familie sei brüchig geworden, das Modell „Vater-Mutter-Kinder“ sei nur noch eines unter vielen. „Und im Gegenzug übertreiben es viele Eltern mit der Suche nach Konzepten“. Worauf es ankäme, sei die Signale beim Kind zu erkennen und mögliche Antworten darauf zu finden. Simples Beispiel: „Sich vor dem Einkauf mit dem Kind darüber verständigen, was es kriegt und was nicht.“

Bis Juni nun lernen Multiplikatoren – Erzieherinnen, Kita-Leiterinnen etc. – in sechs Seminaren an sechs Wochenenden, was sie dann ab Sommer an die Eltern weitergeben können. Für die nächste Fortbildungsrunde sind noch Plätze frei. Wer will, kann sich unter der Nummer 346-160 auf die Liste setzen lassen. Elke Heyduck