fötus will in irland bleiben
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von RALF SOTSCHECK

Wie deportiert man einen Fötus? Die irische Regierung hat den Asylantrag einer schwangeren Nigerianerin abgelehnt und will sie nun ausweisen. Allerdings hat der Staatsanwalt vergessen, einen Ausweisungsbefehl für den Fötus auszustellen. Und nach der irischen Verfassung ist ein ungeborenes Kind eine Person.

In dem Prozess, der vorige Woche begann, vertritt Rechtsanwalt Michael Forde den Fötus, der vom Gericht „Baby O“ getauft wurde. Wie führt Forde, ein Spezialist für skurrile Fälle, ein Gespräch unter vier Augen mit seinem Mandanten? Jedenfalls, so behauptete Forde, wolle der Fötus als Person anerkannt werden. Die Regierung beantragte Abweisung der Klage. Ansonsten dürfe ja keine Frau im gebärfähigen Alter deportiert werden, wenn sie glaubhaft machen könne, dass sie schwanger sei, meinte der Staatsanwalt entsetzt. Glaubhaft machen? Auf welchem medizinischen Stand befindet sich die Staatsanwaltschaft?

Das Dilemma, in dem die Regierung steckt, hat sie sich selbst eingebrockt, weil sie das Thema Abtreibung seit einem Jahrzehnt geradezu meisterhaft verdrängt. Sicher, Wahlen lassen sich damit nicht gewinnen. In den vergangenen 20 Jahren hat es die Regierung vier Mal mit einer Volksabstimmung versucht, um das irritierende Thema ad acta legen zu können. Doch entweder machte ihnen das störrische Stimmvieh einen Strich durch die Rechnung oder der höchste irische Gerichtshof. Der entschied vor zehn Jahren, als eine 14-Jährige nach einer Vergewaltigung schwanger geworden war, dass eine Abtreibung zulässig sei, wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr sei – und dazu zählten die Richter Selbstmordgefahr. Über irgendwelche Fristen sagten sie nichts. So könnte man theoretisch das Kind in letzter Sekunde erschießen, bevor es ganz geschlüpft ist.

Das will die Regierung nun ändern. Noch vor Ostern wird die Bevölkerung erneut zum Referendum gebeten. Diesmal soll sie absegnen, dass Selbstmordgefahr keine lebensbedrohliche Situation für die Schwangere darstellt. Und ein Embryo soll erst dann zur Person werden und geschützt sein, wenn er sich in der Gebärmutterwand eingenistet hat. Das sei Verrat, heult die Anti-Abtreibungs-Lobby auf, denn dann wäre ja die „Pille danach“ kein Mordinstrument mehr, sondern ein Medikament.

Die Klage von „Baby O“ ist für die selbst ernannten Lebensschützer eine zweischneidige Angelegenheit. Einerseits begrüßen sie es, dass ein Fötus per Gerichtsurteil als Person anerkannt werden soll. Andererseits sind viele von ihnen zutiefst ausländerfeindlich und würden gerne weiterhin deportieren.

Der Prozess, der genauso gut von Monthy Python erfunden sein könnte, wird noch länger für Unterhaltung sorgen. Sollte der Antrag nämlich abgelehnt werden, kann der Fötus in die Berufung gehen. Wenn sich die Verhandlung lange genug hinzieht, ist er vielleicht kein Fötus mehr, sondern ein Baby – und damit laut Verfassung irischer Staatsbürger. Dann hätte sich das Thema Ausweisung erledigt. Jedenfalls für den ehemaligen Fötus.