Ein ständig neu gespeister Lavasee

Der Nyiragongo liegt mit seinen Nachbarn im Mittelpunkt eines Naturparks. Er ist einer deraktivsten Vulkane Afrikas und einer der wenigen weltweit, deren Krater von einem Lavasee gefüllt ist

BERLIN taz ■ Der 3.469 Meter hohe Nyiragongo ist der aktivste einer Kette von Vulkanen im Grenzgebiet von Ruanda, der Demokratischen Republik Kongo und Uganda. 10 Kilometer nördlich der Stadt Goma gelegen, sind seine steilen, kahlen Hänge der markanteste Aspekt der Bergkette, deren oft düster durch Nebel schimmernde Silhouetten die Landschaft der Region prägen. Die Vulkane bilden den Kern des Virunga-Nationalparks, eines der größten zusammenhängen Naturschutzgebiete Afrikas, das in letzter Zeit durch Kriege und Flüchtlingsbewegungen, Wilderei und illegale Besiedlung stark in Mitleidenschaft gezogen worden ist.

Auf dem Nyiragongo und seinen Ausläufern haben Experten etwa 100 potenzielle Ausbruchstellen ermittelt, die sich hauptsächlich entlang einer Nordost-Südwest-Achse erstrecken und bis zu vier Kilometer ans Zentrum Gomas heranreichen. Dieses Ende der Formation wurde der Stadt jetzt zum Verhängnis.

Bis 1977 gab es auf dem Gipfelkrater des Nyiragongo einen aktiven Lavasee, der sich am 10. Januar 1977 durch neu aufgetretene Felsspalten in Richtung Goma ergoss. Etwa 70 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein. Seitdem hat sich der Krater mehrmals erneut mit heißer Lava gefüllt, die regelmäßig aus Gesteinsritzen ausläuft – vor allem 1982 und 1994.

Seit dieser Zeit werden immer wieder vulkanische Aktivitäten des Nyiragongo gemeldet, die aber wegen ihrer Häufigkeit, Regelmäßigkeit und geringen Intensität selten ernst genommen wurden. Mutmaßungen über angebliche oder tatsächliche Lavabewegungen wurden Teil des Stadtgesprächs in Goma, ohne besondere Sorge zu erregen. Als Mitte 2001 Lager ruandischer Hutu-Milizen einem kleinen Vulkanausbruch zum Opfer fielen, wurde dies von den lokalen Behörden sogar eher begrüßt.

Vulkanologen aber hatten bereits seit einiger Zeit Sorgen geäußert. Im März 2001 konnten sie beobachten, dass der Spiegel des Lavasees im Krater sich nur noch 300 Meter unterhalb des Kraterrandes befand – 120 Meter unterhalb des Niveaus, das als kritisch gilt. Die Bodentemperatur am Kraterrand, die üblicherweise bei 5 bis 9 Grad lieg, war auf 28 Grad gestiegen, und es gab Austritte von Gas mit einer Temperatur von 70 Grad. Die Schwefeldioxidgehalt der Luft war überdurchschnittlich hoch. Unternommen wurde jedoch nichts. D. J.