„Das ist überhaupt nicht verhandelbar“

Potsdams Superintendent der evangelischen Kirche, Bertram Althausen, will mit der „Traditionsgemeinschaft“ über den Wiederaufbau der Garnisonkirche reden – aber beim Nagelkreuz von Coventry könne es keinen Kompromiss geben

taz: Brauchen wir ein Versöhnungszentrum in Potsdam?

Bertram Althausen: Zu den guten preußischen Traditionen gehört Toleranz als Grundprinzip gesellschaftlichen Lebens. Versöhnungsarbeit ist ein Ausfluss davon. Insofern ist Potsdam für ein Versöhnungszentrum der ausgesprochen richtige Ort.

Die Traditionsgemeinschaft will nur unter bestimmten Bedingungen Geld geben – so soll den Turm etwa nicht das Coventry-Nagelkreuz krönen. Fühlen Sie sich erpresst?

Ich glaube, dass die Traditionsgemeinschaft sich noch nicht richtig mit dem Konzept der Kirche befasst hat. Die Traditionsgemeinschaft hat sich da etwas versteift in der Frage, ob die alte Form des Turms 100-prozentig wieder entsteht. Aber wir haben heute mehr als eine architektonische Verantwortung. Es geht hier um die Geschichte und die Zukunft der Gesellschaft.

Zeigt nicht die Weigerung des Vereins, dass er vor allem von national-konservativen Preußenfans bestimmt wird?

Möglicherweise gehören Teile des Vereins zu diesen Kreisen. Aber es gibt in ihm viele unterschiedliche Spender. Ich habe etwa einen Anruf von einem Vereinsmitglied bekommen, in dem er sich sehr positiv zu unserem Konzept geäußert hat. Man sollte der Traditionsgemeinschaft noch mehr Zeit lassen.

Das Konzept der Kirche liegt doch schon seit Monaten vor.

Vielleicht sollten wir in Sachen Zeit etwas gnädig sein. Wir haben in der Kirche von 1993 bis 2001, also acht Jahre gebraucht, um von einer klaren Ablehnung aus Unwissen darüber, was man machen könnte, zu einem vernünftigen Konzept zu kommen. Wenn wir so lange brauchen, sollten wir auch der Traditionsgemeinschaft etwas mehr Zeit geben als nur ein halbes Jahr.

Sind Sie kompromissbereit?

Es gab schon seit Jahren bei der Ausarbeitung des Kirchenkonzepts viele Kontakte mit der Traditionsgemeinschaft. Das Konzept ist bereits ein gut ausgewogener Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessen. Es beinhaltet nur eine leichte Korrektur von der ursprünglichen Turmform. Auf der Turmspitze wird deutlich, dass uns wichtig war, was in diesem Kirchturm passieren soll. Außerdem hat die Synode mir keinen Verhandlungsauftrag gegeben.

Der Verein fordert bei Veranstaltungen ein Vetorecht.

In der Traditionsgemeinschaft sind vielleicht einzelne Leute, die solche Vorstellungen haben. Aber das gibt es nicht in der Kirche, dass Leuten anderer Vereine für einzelne Veranstaltungen ein Vetorecht gewährt wird.

Die Traditionsgemeinschaft will, dass es auf der Kirchtumspitze kein Nagelkreuz gibt. Ist das für Sie verhandelbar?

Das Nagelkreuz auf der Spitze ist der Knackpunkt dieses Nutzungskonzeptes. Insofern ist es überhaupt nicht verhandelbar. Der eigentliche Durchbruch in der gesellschaftlichen Diskussion war die Idee des Versöhnungszentrums und dass es an dieser scheinbar marginalen, aber doch zentralen Position auf der Spitze das Nagelkreuz geben sollte. Das Nagelkreuz von der Spitze runternehmen, hieße das Konzept in Gänze abzulehnen.

Der Verein will im Turm nur Gottesdienste haben – und keine anderen Veranstaltungen, die er für politisch hält.

Die Traditionsgemeinschaft besteht ja zum großen Teil aus Christenmenschen. Der Versöhnungsauftrag der Kirche ist zentral in der Bibel. Als Versöhnte sind wir zur Versöhnung beauftragt. Ein Versöhnungszentrum einzurichten, ist etwas originär Kirchliches. Natürlich hat unser Handeln auch ein politische Dimension. Eine Trennung ist nicht akzeptabel. Mich erinnert das ein bisschen an die Situation in der DDR. Da wurden wir immer darauf hingewiesen, dass wir uns nur mit innerkirchlichen Angelegenheiten zu befassen hätten. So arbeiten wir im Kirchenkreis nicht, wenn wir als Christen Verantwortung übernehmen.

Für den Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat das Projekt eine nationale Bedeutung, gar internationale Auswirkungen. Ist das nicht übertrieben?

Wir wollen mit anderen Institutionen, etwa dem Versöhnungszentrum in Coventry, zusammenarbeiten. Daraus folgt eine internationale Dimension, natürlich auch eine nationale.

INTERVIEW: GES