15 Hürden gegen die Zuwanderung

Was die Union von Innenminister Otto Schily (SPD) und den Grünen verlangt, damit es doch noch zu einer Einigung über das Zuwanderungsgesetz kommen kann. Einige Forderungen sind erfüllbar, andere würden das Gesetzesziel auf den Kopf stellen

von LUKAS WALLRAFF

Vor dem heutigen Spitzengespräch der Bundestagsfraktionen mit Innenminister Otto Schily (SPD) über das Zuwanderungsgesetz hat die Union 15 „Kernforderungen“ auf den Tisch gelegt. Die Grünen warfen der Union gestern vor, damit „den modernen Ansatz eines Einwanderungsgesetzes ins Gegenteil zu verkehren“.

Ist ein Kompromiss also völlig ausgeschlossen? Die taz dokumentiert die 15 Forderungen der Union und untersucht sie auf ihre Umsetzbarkeit:

Forderung 1: Das Ziel der Zuwanderungsbegrenzung muss stärker im Gesetz verankert werden. Einigung: sehr schwierig, denn hier geht es nicht nur um eine Formalie. Die Begrenzung als einziges Ziel ins Gesetz zu schreiben, hätte gravierende Auswirkungen auf die Rechtslage. Denn in allen Zweifelsfällen müssten die Behörden restriktiv entscheiden. Möglich wäre vielleicht ein Kompromiss, indem man sich auf „Steuerung und Begrenzung“ einigt.

Forderung 2: Bei den Vorschriften zur Arbeitsmigration muss die bundesweite Ausschöpfung des Erwerbspersonenpotenzials Vorrang haben. Einigung: wahrscheinlich. Auch SPD und Grüne haben nichts dagegen, den „Vorrang für Deutsche“ deutlicher herauszustellen.

Forderung 3: Paragraf 20 muss gestrichen werden (also die Zuwanderung im Auswahlverfahren nach einem Punktesystem, wie es die Süssmuth-Kommission vorgeschlagen hatte). Einigung: unwahrscheinlich. Zumindest die Grünen beharren bisher auf dem Punktesystem, weil es langfristig die Tür öffnet für Zuwanderung, auch aus demografischen Gründen. Genau das will die Union verhindern.

Forderung 4: Paragraf 21 muss geändert werden. Zuwanderung von Selbstständigen nur, wenn sie mindestens 1 Million Euro investieren und 10 Arbeitsplätze garantieren. Einigung: denkbar.

Forderung 5: Beim Schutz vor geschlechtsspezifischer und nichtstaatlicher Verfolgung soll der Status quo beibehalten werden. Also keine Verbesserung von Duldung zu Aufenthaltsrecht. Einigung: so gut wie unmöglich – es sei denn, die Union besinnt sich auf frühere Aussagen ihres Zuwanderungsexperten Peter Müller. Essenzieller Punkt für die Grünen. Eingehen auf Forderung der Union würde Deutschland in Europa isolieren.

Forderung 6: Für vollziehbar ausreisepflichtige, aber ausreiseunwillige Ausländer müssen Soziallleistungen gekürzt werden können. Einigung: kaum drin. Ohnehin schon Verschärfungen im rot-grünen Entwurf.

Forderung 7: Familiennachzug: Nur bei Ausländern, die sich voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten und denen eine positive Integrationsprognose gestellt werden kann. Einigung: kompliziert, aber nicht unmöglich.

Forderung 8: Beibehaltung der Weisungsungebundenheit der Einzelentscheider und der Institution des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten. Einigung: wahrscheinlich. Nicht einmal Union geschlossen hinter der Forderung.

Forderung 9: Integrationskosten: 2/3 Bund, 1/3 Länder. An den Kosten für die Integrationskurse sind der Ausländer und der jeweilige Arbeitgeber zu beteiligen. Einigung: alle verhandlungsbereit. Hängt aber auch von Finanzminister Eichel ab.

Forderung 10: Wirksame Sanktionen für diejenigen, die ihrer Verpflichtung zur Teilnahme an Integrationskursen nicht ordnungsgemäß nachkommen. Einigung: Kommt darauf an, wie streng die Sanktionen ausfallen sollen.

Forderung 11: Kindernachzugsalter: 10 Jahre. Einigung: möglich, aber nur, wenn Ausnahmeregelungen und Ermessensspielräume im Gesetz bleiben.

Forderung 12: Ausweisung von straffällig gewordenen Ausländern bereits bei einer Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr. Einigung: Für Grüne eigentlich nicht tragbar, aber nicht ausgeschlossen.

Forderung 13: § 7, Abs. 1, Satz 3 streichen. Aufenthaltsrecht nur bei Erwerbstätigkeit. Einigung: für Grüne nicht akzeptabel, weil bisher Geduldete keine Chance hätten, Aufenthaltsrecht zu bekommen.

Forderung 14: § 16, Abs. 4 ändern: halbes Jahr zur Arbeitsplatzsuche nach Studium in Deutschland (Gesetzentwurf: 1 Jahr). Einigung: zumindest kein Knackpunkt.

Forderung 15: Bei Vertriebenen ist der Nachweis von Deutschkenntnissen in den Herkunftsgebieten für nichtdeutsche Ehegatten und Abkömmlinge im Rahmen des Aufnahmeverfahrens abzulehnen, solange es dort keine flächendeckenden Möglichkeiten zum Erlernen der deutschen Sprache gibt. Einigung: möglich.