Schwitzen für die Geheimsache „Gerte“

■ Der Fraktionschef der CDU hat abgespeckt: 16 Kilo in drei Monaten. Zur „Überwindung des inneren Schweinehunds“ hat er es öffentlich gemacht. Jetzt soll keiner an fallschirmspringende Möllemänner oder planschende Verteidigungsminister denken

Es gibt Meinungsforscher, die behaupten, ohne Bart wäre Rudi Scharping Kanzler geworden, als Mann hätte Angela Merkel Stoibers Edi dicke ausgestochen – und den Bremer CDU-Chef Bernd Neumann, der gesagt hat, wegen seiner „Physiognomie“ wäre Dr. Edmund Stoiber genau der richtige Kanzler-Kandidat. Inhalte zählen, nicht das Äußere, sagen die einen, wir sind mitten in der Disneysierung der Politik, belehren sie die anderen.

Und dann ist da Jens (Parteispott) „(Sp)eckhoff“, der ambitionierte Chef, das eigentliche Schwergewicht der CDU-Fraktion. Er hat seit Ende September satte 32 Pfund, vielleicht soviel wie ein Kasten Wasser, also sagenhafte 16 Kilo in nur gut drei Monaten abgenommen. Nur, wieviel er jetzt wiegt, sagt er nicht: „Betriebsgeheimnis“.

All das verdient ein neidvolles, aber gönnendes Chapeau! Soviel Selbstbeherrschung hat nicht jeder, finden wir.

Die Geschichte könnte hier also bereits zu Ende sein. Wenn Eckhoff seinen Gewichtsverlust nicht raus schreien würde – laut wie einst Brioni-Kanzler Schröder sein „Ich will da rein“.

„Das Aussehen kann helfen – da darf man sich nichts vormachen“, sagt ein verschlankter Fraktionsvorsitzender zu gesteigerten Karrieremöglichkeiten durchs Ausmergeln. Aber „Kohl war ja auch nicht gerade Dressman.“ Stimmt.

Wer also beim Verlust des eckhoffschen Fettgewebes an fallschirmfliegende Möllemänner, joggende Außen- oder planschende Verteidigungsminister denkt, liegt total schief. Und irgendwie sind sie doch das Salz in der so oft faden Suppe der Politik: Die intimen Schwächeleien der Volkslenker.

Eckhoff betont dagegen verschmitzterweise, er hätte das Training nicht wegen der Publicity, sondern wegen des für die Überwindung des inneren Schweinehundes nötigen „öffentlichen Drucks“ gewählt: „Da stand ich bei McDonalds auf dem Parkplatz und wurde direkt angequatscht: ,Werden –Se jetzt bloß nicht schwach!“

Wacker meint der Staatsmann weiter: „Das Abnehmen ist eine Privatangelegenheit. Sonst hätte ich als Mediensponsor gleich die Frau im Spiegelnehmen sollen.“

Hat Eckhoff aber nicht, sondern sein Fitnessstudio, das jetzt mit der geplant-durchdachten Entzauberung des eckhoffschen Fettpolsters hausieren gehen darf. Trotz der also praktisch privaten Eckhoff-Geheimsache „Gerte“ existiert nämlich eine „Pressemitteilung“ des Fitnessstudios in der Vahr, die ihren Kunden Eckhoff als prominentes Beispiel dafür nennt, dass „intelligentes Trainieren“ der richtige Weg ist, um effektiv, gesund, dauerhaft und messbar (!!) abzunehmen. Einen Fototermin mit Eckhoff beim Hantelnstemmen gab es auch.

Es muss eine Zeit der Torturen und Entbehrungen, ein nicht enden wollender Marathon für die zarten, offensichtlich lange unbenutzten eckhoffschen Muskeln gewesen sein. Morgens um 7.45 Uhr traf sich der Schwerenöter zwei- bis dreimal pro Woche mit einem Freund im Fitnessstudio und bediente schwitzend Walker, Stepper, Hanteln und – leider – sogenannte Cross-Country-Geräte. „Das war ätzend, mit dem Fahrrad ging es viel besser“, berichtet Eckhoff.

„Zuerst hatte ich Angst, mich den nächsten Tag nicht mehr bewegen zu können“, sagt Eckhoff. Aber dann hat er sich von 15 Minuten am Anfang auf zum Schluss glatte 45 Minuten Bike-Trainer hochgestrampelt.

Und jetzt sieht es jeder unserem PR-Profi an: Eher hagerer statt wurstig, mehr Laternenpfahl denn Litfasssäule. Und Eckhoff ist stolz: „Die alten Klamotten passen nicht mehr.“ Einen Anzug aus „Hochzeiten“ so um 1992 hat er aufbewahrt – den will er in einem Jahr vorzeigen: „Wenn ich weitere 20 Kilo abgenommen habe.“

Kai Schöneberg