Mindestlohn korrekt

Ausländer müssen in Deutschland den deutschen Mindestlohn bekommen, entschied der EuGH gestern

BERLIN taz ■ Arbeitgeber mit Sitz im Ausland müssen ihren in Deutschland arbeitenden Beschäftigten den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn zahlen. Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gestern entschied, steht die im Entsendegesetz festgelegte deutsche Mindestlohnregelung nicht im Widerspruch zu europäischem Recht.

Der Gerichtshof wies damit eine Beschwerde des portugiesischen Bauunternehmens Portugaia zurück, das 1997 Bauarbeiter aus Portugal auf eine Baustelle ins fränkische Tauberbischofsheim geschickt hatte. Das Arbeitsamt ordnete eine Nachzahlung von rund 70.000 Euro an, nachdem Kontrolleure festgestellt hatten, dass nicht einmal der tarifvertragliche Mindestlohn gezahlt wurde. Portugaia legte dagegen Widerspruch beim Amtsgericht Tauberbischofsheim ein, das sich daraufhin an den EuGH wandte.

Die Luxemburger Richter betonten, dass die Mitgliedsländer der Europäischen Union das Recht hätten, zum Schutz der Arbeitnehmerrechte Mindestlöhne festzulegen. Dabei spiele es keine Rolle, ob dies wie etwa in Frankreich durch den Gesetzgeber oder wie in Deutschland durch Verhandlungen der Tarifparteien geschehe. Wichtig sei lediglich, dass der Mindestlohn dem „sozialen Schutz der Arbeitnehmer“ dient.

Die Einführung eines Mindestlohns zum Schutz deutscher Unternehmen vor ausländischer Billigkonkurrenz lehnte der EuGH dagegen ab. Das Amtsgericht muss jetzt noch formal prüfen, ob beim deutschen Entsendegesetz der Schutz der Arbeitnehmer oder der Schutz der Unternehmen im Vordergrund steht. Portugaia hatte argumentiert, deutsche Bauunternehmen hätten die Möglichkeit, mit Firmentarifverträgen den Mindestlohn zu unterlaufen.

Das Bundesarbeitsministerium, die Gewerkschaft Bauen – Agrar – Umwelt (IG Bau) und der Hauptverband des Deutschen Baugewerbes begrüßten das Urteil, wiesen aber die Argumentation der Baufirma zurück: Es handele sich um einen hypothetischen Fall, sagte eine Sprecherin von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) – deshalb sei selbst die Anrufung des EuGH unnötig gewesen.

Portugaia habe entgegen der Annahme des Amtsgerichts jederzeit die Möglichkeit gehabt, mit der IG Bau einen eigenen Tarifvertrag abzuschließen, so Gewerkschaftssprecher Michael Knoche. Günstiger wäre das das Unternehmen aber nicht gekommen: „Wir schließen keine Firmentarife unter Mindestlohn ab.“ ANDREAS WYPUTTA