Eifriges Lernen unter WM-Bedingungen

Beim Turnier der Weltspitze in China sammeln die deutschen Fußballerinnen Erfahrungen, bleiben aber bisher sieglos

GUANGZHOU taz ■ Gleich zu Beginn des Jahres ist für die deutschen Fußball-Europameisterinnen Volldampf angesagt. In der WM-Qualifikation bislang nicht zu bremsen und auch kaum mehr aufzuhalten, steht das Team der DFB-Trainerinnen Tina Theune-Meyer und Silvia Neid beim Viererturnier im chinesischen Guangzhou derzeit vor echten Herausforderungen. Neben dem EM-Sieger Deutschland treten Olympiasieger Norwegen, Weltmeister USA und Vizeweltmeister China im Reich der Mitte an, um 19 Monate vor der WM in China ihre Stärken und Schwächen auszuloten. Denn in der eigenen Region werden diese Mannschaften kaum mehr ernsthaft gefordert.

Gestern mussten sich die DFB-Frauen vor 1.000 Zuschauern in Panyu gegen die ohne Star Mia Hamm angereiste USA mit einem 0:0 begnügen, nachdem sie zum Auftakt gegen China mit 1:2 verloren hatten. „Mit dem Resultat gegen den Weltmeister bin ich zufrieden. Beide Mannschaften hatten ihre Möglichkeiten zum Sieg, ihre besonderen Qualitäten aber in den Abwehrreihen“, sagte Tina Theune-Meyer. „Nun freuen wir uns auf das Spiel gegen die Norwegerinnen.“ Diese sind am Sonntag letzter Gegner bei dem mit 100.000 Dollar dotierten Turnier.

„Für uns ist das eine exzellente Testgelegenheit“, meinte Trainerin Tina Theune-Meyer vor dem Turnier. „Wir werden in China und Anfang März unseren kompletten Kader hochklassigen Spielen unterziehen und darauf die weitere Vorbereitung für die WM aufbauen.“ Diese findet Ende September/Anfang Oktober kommenden Jahres in Shanghai und weiteren Städten der Region statt.

Das deutsche Team, im letzten Sommer als bestes, das es je gab, gelobt, hat sich nach der EM-Endrunde weiter umformiert. „Unser Kader ist im Aufbau. Wir dürfen uns von den jüngsten WM-Qualifikationsspielresultaten nicht blenden lassen. Das sind ja keine ernsthaften Gegner“, so Co-Trainerin Silvia Neid. Bei einer WM würde es ganz andere Dimensionen und Anforderungen geben. „Wir werden da noch sehr lernen müssen. Bei dem jetzigen Turnier haben wir WM-Bedingungen. Das ist sehr willkommen.“

Die Erwartungen beim Turnier in Guangzhou bezeichnet Theune-Meyer folglich als prozessorientiert. „Wir wollen natürlich gut abschneiden, aber es zählt weniger das Ergebnis, sondern das Erfahrungen sammeln für unsere jungen Spielerinnen. Viele waren noch nie in China und werden vieles erleben.“ Silvia Neid war Kapitänin jenes deutschen Teams, das 1991 in China bei der ersten WM der Frauen überhaupt spielte. „Wir werden uns auf Katze und Hund einstellen müssen“, scherzt sie angesichts anderer Essgewohnheiten. „Nein, im Ernst: Man wird sich auf ungewöhnte Gerüche einstellen müssen, auf einen ständigen Lärmpegel, dass überall Chinesen um einen herum sind, auf andere Gewohnheiten, andere Umkleidekabinen und nicht zuletzt auf das Bermudagras mit seinen breiten Blättern, auf denen der Ball anders läuft. Wir werden für die WM wichtige Vorerfahrungen machen.“

RAINER HENNIES