München fürchtet Entglasung

Kreisverwaltungsreferat verbietet wegen „Sicherheitskonferenz“ alle Demonstrationen am Wochenende in der Stadt. Nato-Gegner rufen Gericht an. OB: „Werden Entglasung verhindern“

MÜNCHEN taz ■ Das Kreisverwaltungsreferat der Stadt München hat alle Demonstrationen gegen die heute beginnende „Sicherheitskonferenz“ mit 38 Außen- und Verteidigungsministern verboten. Der für das Verbot zuständige Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle betonte zwar, wie schwer ihm das Aussetzen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit gefallen sei.

Bei den Organisatoren der Proteste stieß er damit aber auf wenig Glauben. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) erklärte: „Wir werden die Entglasung der Altstadt verhindern und alle Gewalttätigkeiten im Keim ersticken.“ Der Münchner Polizeipräsident Roland Koller sprach gestern von „vorsichtig geschätzten“ bis zu 3.000 gewaltbereiten Demonstraten, die nach München kommen wollten.

Die Bundestagsfraktion der PDS, die als einzige Partei zu den drei geplanten Veranstaltungen der Friedensaktivisten und Globalisierungskritiker mit aufrief, kritisierte das Münchner Demoverbot als massive Einschränkung von Grundrechten. Die Chefin der Grünen-Landtagsfraktion, Christine Stahl, nannte das Münchner Verbot die „falsche Antwort“ und „nicht nachvollziehbar“. Die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, nachdem auch Schläger aus Österreich, der Schweiz, Italien, den Niederlanden und Frankreich anreisen wollten, seien nicht nachprüfbar.

Das Münchner Verwaltungsgericht sollte gestern Abend über einen Eilantrag des „Bündnisses gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“ gegen das Demoverbot entscheiden. Das letzte Wort hat heute der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Die Polizei griff gestern bereits durch. Sie beschlagnahmte alle drei Computer des „Infoladens“ der linksautonomen Szene, der eine der Organisationsstellen der Demonstranten ist. Die Staatsanwaltschaft hatte dort nach Flugblättern suchen lassen, die zu Gewalttaten aufrufen würden.

Die 38. Sicherheitskonferenz, die Exkanzlerberater Horst Teltschik als Chef der Herbert-Quandt-Stiftung von BMW ausrichtet, beginnt heute Abend mit einem Empfang der Stadt im Rathaus für die 400 Teilnehmer. US-Politiker haben den Umgang mit dem Irak auf die Tagesordnung der laut Veranstaltern weltweit bedeutendsten Sicherheitskonferenz gesetzt. OLIVER HINZ

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