„Die Abwehr war immer das Prunkstück“

Handball-Bundestrainer Heiner Brand über die Defensivkünste seines Teams und den erwünschten Endspielgegner

Die deutschen Handballer wollen bei der EM in Schweden ins Finale vordringen. In die Runde der letzten vier Teams haben sie es schon geschafft. Heute treten die Deutschen im Halbfinale (18.30/DSF) gegen Dänemark an. Zuvor ebenfalls in Live-Übertragung: Schweden gegen Island.

taz: Herr Brand, was für ein Trainertyp sind Sie?

Heiner Brand: Ich gebe den Spielern meist ganz konkrete Informationen und Anweisungen. Trotzdem gibt es auf der Bank manchmal auch Bauchentscheidungen.

Ist es Zufall, dass die Stärke der Mannschaft, die von Ihnen, dem Abwehrchef des WM-Teams 1978, trainiert wird, die 6-0-Abwehr ist?

Ja, schon. Ich habe hier die besten Spieler, und das sind eindeutig 6-0-Typen. Spieler wie Petersen, Zerbe, Schwarzer und auch Stephan haben diese Abwehr sehr gut verstanden. Aber es stimmt: Die Abwehr war schon immer unser Prunkstück.

Welche Schwächen hat Ihre Mannschaft?

Die Chancenauswertung. Da müssen wir besser werden. Das Positionsspiel im Angriff läuft teilweise wirklich gut, es ist nur noch nicht konstant genug.

Gibt es jemanden, der aus der homogenen Teamleistung herauszuheben ist?

Da muss man Henning Fritz nennen, der war sehr stark. Obwohl ich die Torwartleistung nie losgelöst von der Abwehrarbeit sehe. Und die Abwehr hat, bis auf das letzte Spiel gegen Island, meist sehr stabil gestanden.

Hat die Mannschaft sich gegen Island geschont, weil die Qualifikation fürs Halbfinale bereits feststand?

Wir wollten gewinnen, haben aber von Anfang an nicht ins Spiel gefunden. Als der Abstand immer größer wurde, kann es sein, dass der letzte Funke an Einsatzbereitschaft fehlte.

Hat die erste Niederlage in diesem Turnier, die am Donnerstag mit 24:29 und zeitweiligem Rückstand von acht Toren recht deutlich ausfiel, der Mannschaft Moral gekostet?

Nein, auf keinen Fall, wir können nach wie vor jeden Gegner schlagen. Die letzte Runde hat zwar noch mal viel Kraft verschlissen, aber wir haben überhaupt keinen Grund, ohne Selbstvertrauen in das Halbfinale zu gehen.

Ist es nicht eine glückliche Fügung, dass Ihre Mannschaft heute auf Dänemark trifft und nicht auf Schweden mit 13.000 Fans im Rücken?

Was die Zuschauer angeht, ist das natürlich schon ein kleiner Vorteil. Aber aus sportlicher Sicht sehe ich das nicht unbedingt so. Ich habe schon vor der EM gesagt, dass Island und Dänemark zu den Favoriten zählen.

Für Sie ist es also keine Überraschung, dass sich in der anderen Gruppe Schweden und Dänemark qualifiziert haben, nicht aber Russland?

Das kann heutzutage im Welthandball passieren. Es ist nicht mehr so wie noch vor einigen Jahren, als wir nur drei bis vier Teams hatten, die für Medaillen in Frage kamen. Das sind jetzt gut acht, neben den jetzigen Finalteilnehmern gehören auch noch dazu: Russland, Frankreich, Spanien und Jugoslawien.

Wie wäre Ihre Lieblingskonstellation für das Endspiel?

Deutschland–Schweden. Immer noch.

INTERVIEW: ANKE BARNKOTHE