Parteienbündnis in Prag zerbricht

Die Viererkoalition wollte frischen Wind in die tschechische Politik bringen. Trotz hoher Beliebtheit ist sie zerfallen

PRAG taz ■ Das Wahljahr 2002 hat für die tschechische Viererkoalition (4K) schlecht angefangen. 134 Tage vor den Parlamentswahlen ist das Bündnis von vier kleinen bürgerlich-konservativen Parteien zerfallen. Zu bunt wurden der 4K-Führung die undurchsichtigen finanziellen Machenschaften des kleinsten Koalitionspartners, der „Bürgerlich-Demokratischen Allianz“ (ODA).

Die drohte nämlich durch einen ungetilgten Schuldenberg von siebzig Millionen Kronen (über zwei Millionen Euro) und einer zweifelhaften Parteispende von den Jungferninseln, das Weiße-Weste-Image der 4K zu beschmutzen. Daher sei es nicht möglich, Nominierungen der ODA auf der gemeinsamen Kandidatenliste zu unterstützen, erklärten Vertreter der 4K und riefen die einstigen Verbündeten auf, freiwillig zurückzutreten.

Fast gleichzeitig erklärte eine weitere 4K-Partei, in den Parlamentswahlen Mitte Juni im entscheidenden Wahlbezirk Prag eigenständig anzutreten. „Die Viererkoalition ist in diesem Moment tot“, erklärte 4K-Hoffnungsträger Vladimir Mlynar enttäuscht.

Dabei hatte alles so friedlich angefangen. Eine Alternative zu den beiden großen Parteien wollten sie sein, den regierenden Sozialdemokraten und den Bürgerdemokraten von Václav Klaus, die sich nach außen hin als politische Feinde geben, seit knapp vier Jahren aber miteinander per Oppositionsvertrag (Tolerierung) klüngeln. Selbst Präsident Václav Havel wird nachgesagt, die 4K zu favorisieren, um das Land aus Zweiparteienherrschaft, Korruption und Klientilismus heraus ins gelobte Land der Bürgergesellschaft zu führen. Die Rolle eines böhmisch-märischen Moses wird der 4K nun wohl kaum zufallen. Ohne eindeutiges politisches Programm lag ihre Stärke in ihrem Potenzial als wahre Alternative. Das schlug sich auch in den Wählerumfragen nieder, die der 4K immer wieder eine Mehrheit versprachen. Der traurige Abgesang der Alternative 4K wird die Politikverdrossenheit in Tschechien nur verstärken.

ULRIKE BRAUN