Einfache Leidenschaften

Das schönste am Sport ist doch der Sport. Wenn unsere Mannschaft sich bei Auswärtsspielen langmacht, sind meine mitgereisten Kumpels von der Gegengerade mit zwei Fingern fast ebenso schnell am Ball - auf ihrem Mobiltelefon. Holle hat ein neues Handy mit Zehn-Finger Tastatur.

Er morst mir die aktuellen Ergebnisse per SMS in meine verspätete Regionalbahn, noch bevor der Infodienst von T-Mobile überhaupt nur Pieps gemacht hat. Spitze! Da wird nicht lange drumherum geredet, Rstck-St.P 1:0/1:0 Hirsch (82./FE) blinkt das Handy-Display. Mit ein wenig Grundwissen in Kryptographie habe ich auch schon ganz andere Nachrichten entschlüsselt. Ihr kennt das ja mit den bewegenden Figuren auf dem Display, oder? Auch Neulich auf Betriebsbesichtigung mit der Berufschule erlöste mich folgende Nachricht: „Wo wi k,k r-z ü'n Z!“ Das musste ich erstmal sacken lassen. Meine Freunde amüsieren sich im Stadion und ich zweitverwerte die Stimmung an der SMS-Quelle. Aber je später der Abend um so launischer werden die Sprüche. „Mannschaft schrott - Bier toll - scheiss Ordner haben mir auf den Kopf gehauen“ - das passt gerade noch so in das typische 160 Zeichen-Format. Toll. da gehts richtig rund.

Aber die Technik hat ihre Grenzen, gerade in den Schlussphasen. Neulich in der 90. Minute ist es wieder passiert: Kalle hämmerte schon an der Nachberichterstattung, da schossen sie uns noch ein Tor rein. Sepp reagierte blitzschnell, beide drückten sie gleichzeitig auf „Senden“, und schon war's passiert: „Speicher voll“, fiepte mein Handy.

In solchen Momenten hilft eigentlich nur ein Zweitgerät, doch das habe ich für die SMS-Infos vom kicker und handy.de reserviert. Über längere Sendepausen von meinen Kumpels retten mich dann nur die Sprüche aus deren Rubrik „Sportgrössen beim Wort genommen“: „Herr Vogts, wie halten sie es mit dem Sex ihrer Spieler vor dem Spiel? Vor dem Spiel ist mir egal, aber in der Halbzeit, da geht nichts“. Ich lach mich tot. Meine Kumpels kümmern sich wirklich um mich. Jochen Becker