GESCHÄFTSLEUTE AUS ISRAEL UND PALÄSTINA GEGEN DEN PRIMAT DER POLITIK
: Unternehmer für den Frieden

Fast überall auf der Welt sind die Wirtschaftsunternehmer eher konservativ. Im Nahen Osten ist es umgekehrt. Die israelischen Arbeiter wählen Likud und die Industriellen die Arbeitspartei. Verkehrte Welt?

Nicht wirklich. Der Wirtschaft liegt nichts so sehr am Herzen wie Frieden in der Region. Nur wenn Gewalt und Terror enden, sind die internationalen Investoren zu motivieren, ihre Geldbeutel zu öffnen und die Produktion anzukurbeln. So versuchen die Unternehmer beider Seiten auch, den Politikern den Weg zu zeigen. Hand in Hand wollen sie arbeiten, gaben israelische und palästinensische Verbandsvertreter zum Abschluss des Weltwirtschaftsforums in New York bekannt; fast rührend, wie da schon von einem „Durchbruch“ in den Beziehungen die Rede war.

Die Unternehmer haben es leicht. Für sie scheint der nahöstliche Friedensprozess nicht viel mehr als eine Rechenaufgabe zu sein. Ihre Interessen sind offensichtlich: Die Palästinenser brauchen Arbeit und die Israelis Arbeitskräfte. Die Palästinenser wickeln jeden Export ihrer eigenen Agrarprodukte über Israel ab und umgekehrt sind der Gaza-Streifen und das Westjordanland Absatzmärkte für israelische Produkte. Und im Industriebereich findet zumindest in Ansätzen tatsächlich so etwas wie eine konkrete, fast gleichberechtigte Kooperation statt, vor allem im Hightechbereich und in der Textilbranche.

Dass palästinensische Orangen, die an der Küste von Gaza heranreifen, mit Jaffa-Aufklebern versehen als israelische Exporte die deutschen Regale erreichen, drückt trotz des wirtschaftlichen Ungleichgewichts von Produzent und Händler wenigstens ihre friedliche Kooperation aus. Doch beim Kampf gegen die palästinensische Führung geht es um eine andere Größenordnung. Ariel Scharon persönlich plädierte noch vor seinem Amtsantritt als Premierminister für ein gemeinsames Wasserentsalzungsprojekt. Bis heute ist nichts daraus geworden – Sicherheitsprobleme. Bei allem guten Willen: Die nahöstliche Wirklichkeit zwingt beide Seiten zum klassischen Weg. Erst kommt die große Politik, dann die kleine Ökonomie.

SUSANNE KNAUL