Dresdens Jugend soll nicht links tanzen

CDU geht gegen letztes alternatives Zentrum in Sachsens Kapitale vor. Rückzahlung von Fördermitteln droht

DRESDEN taz ■ Die junge Garde der Dresdner CDU räumt weiter mit linken Einrichtungen in der Stadt auf. Nachdem im Vorjahr mit Hilfe der Koalitionsmehrheit im Stadtrat die Fördermittel für das freie Bürgerradio „coloRadio“ gestrichen wurden, soll nun das „Alternative Zentrum Conni“ ausgehungert werden.

Das AZ Conni bezeichnet sich in einer Selbstdarstellung als einen „der letzten nichtkommerziellen kulturellen Freiräume“. Konzertklub, Dancefloor und Kneipe gehören zu den beliebtesten der Stadt. An den früheren Charakter des Hauses erinnert ein Kinderladen.

Der Verfassungsschutz observiert das Objekt seit dem Vorjahr aus einer konspirativen Wohnung gegenüber. Der CDU-Landtagsabgeordnete Lars Rohwer stellte eine kleine Anfrage im Parlament und erhielt vom sächsischen Innenministerium die wunschgemäße Antwort: „Seit etwa einem Jahr hat die Bedeutung des AZ Conni als Anlauf- und Kommunikationsstelle für Linksextremisten zugenommen.“ Die der Antwort zugrunde liegende Einschätzung des Verfassungsschutzes basiert auf einer im Vorjahr aufgelösten und zuletzt aus zwei Personen bestehenden „Antifaschistischen Aktion Dresden“ (A2D2), die einen Briefkasten am Haus unterhielt. Außerdem werden Aktionen gegen Neonazi-Aufmärsche und gegen die Tagungen von Währungsfonds und Weltbank zum Beweis linksextremistischer Aktivitäten angeführt.

Der Verein betrachtet die Extremismusformel als „Kampfbegriff gegen Subkultur und Mittel zur Standardisierung“. „Wir ermuntern Jugendliche zu Selbstbewusstsein und Kritikfähigkeit, wir stehen zur Dissensgesellschaft und politischem Streit“, sagt Roman Kalex vom Vorstand. Man verstehe sich als radikaldemokratisch und konsequent verfassungstreu.

Doch Jugendamtsleiter Claus Lippmann ist inzwischen voll auf die CDU-Linie eingeschwenkt. Ihm würde nur Indizien linksextremistischer Bestrebungen ausreichen, die Fördervoraussetzungen entfallen zu lassen, hat er erklärt. Offen wird mit dem Entzug der Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe und Rückforderungen in Höhe von 90.000 Euro gedroht – wenn das Zentrum sich nicht auf einen Sondervertrag mit der Stadt einlässt, der eine Abtrennung etwa der Kindertagesstätte vorsieht.

Hierin kann der Verein nur die Absicht, den Rest zu zerschlagen erkennen: Der Vertrag sei das Trojanische Pferd für eine schrittweise Abwicklung und eine „Knebelung“ der Gesinnung der Besucher erkennen. Die Conni-Leute haben bereits mit öffentlichen Aktionen auf ihre Existenzbedrohung aufmerksam gemacht und sind entschlossen, das letzte linke Zentrum im höfischen Dresden zu verteidigen. Den Extremismusvorwurf will man notfalls gerichtlich klären lassen.

MICHAEL BARTSCH