General, Reformer, Menschenrechtler

15 Monate nach Ende der PRI-Herrschaft in Mexiko kommt der prominente politische Gefangene Francisco Gallardo frei

Acht Jahre politische Gefängnishaft sind zu Ende: Seit Donnerstag ist José Francisco Gallardo Rodríguez wieder ein freier Mann. Mexikos Präsident Vicente Fox ordnete persönlich an, den 54-jährigen Brigadegeneral, der 1993 inhaftiert und 1998 zu 28 Jahren Haft verurteilt worden war, unverzüglich freizulassen.

Gallardo, einst ein junger Senkrechtstarter der mexikanischen Armee, der es in nur zwei Jahren vom Hauptmann zum Brigadegeneral gebracht hatte, war 1989 mit der Militärführung in Konflikt geraten. Beauftragt mit der Leitung einer Militärbasis, geriet er mit seinem Assistenten aneinander. Der aber, Neffe des damaligen Verteidigungsministers, sorgte dafür, dass Gallardo wegen Diebstahls angeklagt, von seinem Posten enthoben und inhaftiert wurde, bevor die Vorwürfe gegen ihn niedergeschlagen wurden.

Unfreiwillig ins Zivilleben gedrängt, schrieb er 1993 seine Magisterarbeit über „Nationale Sicherheit und die Menschenrechte“, in der er unter anderem eine Armeereform forderte und die Einführung eines Militärombudsmannes, um gegen die zahlreichen von Militärs begangenen Menschenrechtsverletzungen vorzugehen. Als Auszüge aus dieser Arbeit in einer Zeitschrift veröffentlicht wurden, belangte ihn das Militär zunächst wegen übler Nachrede und ließ ihn verhaften. Als der Vorwurf niedergeschlagen wurde, blieb Gallardo dennoch in Haft – bis alle alten bereits eingestellten Verfahren gegen ihn wieder neu aufgenommen wurden. Für Gallardo selbst wie für alle unabhängigen Beobachter war eindeutig, dass der zu diesem Zeitpunkt noch ungebrochen von der Staatspartei PRI beherrschte Apparat hier mit allen Mitteln gegen einen unbequemen Mann vorging.

Amnesty international nahm sich des Falles an und stellte schon 1994 fest, dass es sich bei Gallardo um einen politischen Gefangenen handelte. Menschenrechtsorganisationen brachten den Fall vor die Interamerikanische Menschenrechtskommission – die 1996 ebenfalls feststellte, dass Gallardo unrechtmäßig inhaftiert war, und fünf Forderungen an den mexikanischen Staat stellte: von der sofortigen Freilassung Gallardos über die Einstellung der Verfolgung und Verleumdung, die Ermittlung der Verantwortlichen für die Kampagne gegen den General bis zu dessen Rehabilitation und Entschädigung. Doch nichts geschah. Stattdessen wurde Gallardo wegen unbewiesener Vorwürfe des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung von Geldern noch 1998 zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt.

Hoffnung für Gallardo keimte erst wieder auf, als im Dezember des Jahres 2000 der neue Präsident Vicente Fox sein Amt antrat. Fox hatte im Wahlkampf versprochen, mit der Unrechtsjustiz der PRI-Regentschaft Schluss zu machen und die Vergangenheit aufzuarbeiten. Doch zum Entsetzen amnesty internationals, deren Mitglied Gallardo 1998 geworden war, tat sich auch unter Fox über ein Jahr lang nichts, was Gallardo zur Freiheit verholfen hätte.

Die jetzige Freilassung beruht lediglich auf der Reduzierung der Haftstrafe durch den Präsidenten – der Schuldspruch an sich ist nicht aufgehoben. Gallardo will für seine Unschuld kämpfen und sich weiterhin für die Reform der Armee einsetzen. Die Freilassung, sagte er am Donnerstag beim Verlassen des Gefängnisses, ist nur ein erster Schritt. BERND PICKERT