Was kommt nach Jagodas Abgang?

Neue Details der Arbeitsamtsaffäre stellen nicht nur Präsident Jagoda in Frage, sondern auch die Struktur der Bundesanstalt für Arbeit. BDI-Vize Henkel rät zu „Nichtbonzen“ an der Spitze – statt Politikern, Gewerkschaftern und Arbeitgebern

von CHRISTIAN FÜLLER

Noch ist Bernhard Jagoda im Amt – doch die Diskussion um eine Zukunft der Bundesanstalt für Arbeit (BA) ohne ihren derzeitigen Präsidenten hat bereits begonnen. Nach dem Bekanntwerden geschönter Erfolge der Arbeitsvermittler werden die Forderungen nach einem Umbau der Nürnberger Behörde immer lauter. „Die Bundesanstalt braucht unabhängige Nichtbonzen in ihren Aufsichtsgremien, Fachleute und politisch unabhängige Personen“, sagte der Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Hans-Olaf Henkel der taz. Bislang standen stets Sozialpolitiker der CDU an der Spitze der Bundesanstalt für Arbeit – zuletzt waren dies Josef Stingl, Heinrich Franke und Bernhard Jagoda.

Henkel wunderte sich über die Rücktrittsforderungen an die Adresse des derzeitigen Präsidenten der Anstalt, Bernhard Jagoda. „Vor Jagoda sollte die ganze Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit zurücktreten – darunter DGB-Vertreterin Ursula Engelen-Kefer und der Arbeitgebervertreter Christoph Kannengießer“, sagte Henkel. Es sei an der Zeit, das drittelparitätische Anstaltskartell zu zerbrechen. Der ehemalige BDI-Chef Henkel setzte sich damit an die Spitze derer, die eine grundsätzliche Reform der 1952 wiedergegründeten Behörde fordern.

Henkel hält die Konstruktion einer Anstalt des öffentlichen Rechts prinzipiell für nicht mehr geeignet. Die BA habe „heute mit 90.000 Mitarbeitern mehr Beschäftigte, als ihr früherer Präsident Josef Stingl an Arbeitslosen zu verwalten hatte“, sagte der ehemalige IBM-Manager. Es sei nötig, „dem Großunternehmen BA eine neue Struktur und ein professionelles Management zu geben“.

Henkel meinte, ein möglicher Nachfolger Jagodas solle erst nach dem Umbau der Anstalt antreten. Es sei dabei ratsam, „nicht wieder einen Sozialpolitiker zu berufen, der keine Ahnung hat, wie man ein Großunternehmen mit 90.000 Beschäftigten führt“.

Ob sich personelle Konsequenzen so lange hinauszögern lassen, scheint nach Erkenntnissen vom Wochenende unwahrscheinlich. Der Sprecher der Bundesanstalt, Eberhard Mann, gestand am Samstag ein, dass Präsident Jagoda persönlich bereits 1998 mit Vermittlungsproblemen konfrontiert gewesen sei. Jagoda hatte sich damals damit durchgesetzt, enge Kriterien für eine erfolgreiche Vermittlung durch BA-Mitarbeiter anzulegen. Ende Januar 2002 rügte der Bundesrechnungshof Verstöße gegen diese eng gefassten Regelungen. „Wären wir damals den Vorschlägen der Arbeitsgruppe gefolgt, hätten wir heute die Probleme mit dem Rechnungshof nicht“, unterstrich nun der Sprecher Jagodas.

Nach dieser Meldung gab es auch bei Parteifreunden keinen Kredit mehr für das CDU-Mitglied Jagoda. Unionsfraktionschef Friedrich Merz rechnete fest damit, dass Jagoda in der nächsten Woche seinen Hut nehmen muss. Die FDP forderte neben Jagodas Rücktritt Tabula rasa in der Arbeitsverwaltung: Zurücktreten sollten laut Liberalen auch die BA-Vorstände Ursula Engelen-Kefer (DGB) und Christoph Kannengießer (Bundesverband der Arbeitgeber) sowie Walter Riester (SPD). FDP-Vize Rainer Brüderle forderte in der Welt am Sonntag, Riesters Arbeitsministerium aufzulösen und es dem Wirtschaftsressort zuzuschlagen.

Die Frage, ob der Posten des BA-Präsidenten weiter Erbhof der CDU bleibt oder ob die SPD sich im Wahljahr eher einen Genossen als Schönredner der Arbeitslosenzahlen bestellt, wird sich bis Ende der Woche hinziehen. Dann läuft ein Ultimatum Riesters an Jagoda ab, die Vermittlungsaffäre aufzuklären.