NPD kriegt Aufschub

Karlsruhe verhandelt über Verbotsantrag erst nach der Bundestagswahl. SPD-Fraktionsvize wirft CDU/CSU und FDP vor, zu versagen „wie 1933“

BERLIN dpa/afp ■ Wie auch immer das Bundesverfassungsgericht mit den Nachbesserungen im NPD-Verbotsverfahren umgeht – mit einer Verhandlung vor der Bundestagswahl am 22. September ist kaum noch zu rechnen.

Zum einen dürfte der Zweite Senat, der anfangs unter großem Druck die mündliche Verhandlung vorbereitet hatte, nun erst einmal abwarten, bis er sich wirklich umfassend über die in den Anträgen zitierten V-Leute informiert fühlt. Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung als Antragsteller übergeben den Karlsruher Richtern an diesem Montag eine Erklärung zur Rolle der umstrittenen V-Leute in der rechtsextremistischen Partei. CDU, FDP und PDS im Bundestag tragen die Stellungnahme für das Karlsruher Gericht nicht mit. Die Richter werden zum anderen wohl auch auf die Nachfolgerin der Ende März ausscheidenden Gerichtspräsidentin Jutta Limbach warten, bevor sie weitere Schritte unternehmen.

Schließlich darf bezweifelt werden, dass das Gericht eine Parteiverbotsverhandlung in der heißen Phase des Wahlkampfs abhalten wird. Auch die Bundesregierung dürfte daran kein Interesse haben. Offiziell hat das Gericht bisher nur mitgeteilt, das V-Mann-Problem werfe „prozessuale und materielle Rechtsfragen“ auf, auch hinsichtlich der im Oktober entschiedenen Frage, ob das Verfahren überhaupt die erste Hürde zur mündlichen Verhandlung nimmt.

SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler warf am Wochenende CDU/CSU und FDP vor, mit ihrer Kritik am Verfahren der NPD zu helfen. „Dabei müsste gerade bei CDU/CSU und FDP, deren Vorläuferparteien am 23. März 1933 Hitler ermächtigt haben, nachdem sie ihn zuvor verharmlost und mit an die Macht gebracht haben, die historische Schuld alle denkbaren Aktivitäten auslösen, wenigstens heute schon den Anfängen zu wehren.“

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) forderte die Rücknahme des Verbotsantrages. Er meine, dass die Antragssteller „noch einmal darüber befinden müssen, ob nicht ein Ende mit Schrecken besser ist als ein Schrecken ohne Ende“, sagte Müller am Freitagabend im Saarländischen Rundfunk. Das fast tägliche Auftauchen neuer V-Leute, deren Aussagen im NPD-Verbotsantrag verwendet worden seien, habe seine ursprünglichen Befürchtungen noch übertroffen, sagte Müller.