vorlauf
: Der Weltenhass der Jugend

„Mic außer sich“, 23.00 Uhr, Arte

Einen Film über Langeweile und Beziehungslosigkeit von Jugendlichen zu drehen, ohne dabei den Zuschauer in exakt jene geschilderte Stimmung zu versetzen, ist eine Kunst. Der Regisseur und Drehbuchautor Jerome de Missholz hat es dennoch versucht. Was dabei herausgekommen ist, könnte man als gewagtes Experiment bezeichnen.

Zur Hauptfigur hat Missholz einen siebzehnjährigen Jungen erkoren – er lebt in einer Traumwelt melancholischer Punk- und Rockmusik, deren Texte von der Negation alles Bestehenden handeln. Bestenfalls. Wie etwa der Pink Floyd-Song „Another brick in the wall“. Schlechtestenfalls aber von undefinierbarem Hass auf die Welt. Um Mic (Matthieu Maurice) herum gibt es in der Marseiller Pavillon-Neubausiedlung weitere verstörte Teenager, die mit ihrem Alltag nicht zurechtkommen. Sie feiern „Scream“-Partys, schließen sich der Gruftie- und Dark Wave-Bewegung an, schimpfen auf den Kapitalismus, weil sie das für chic halten, aber den Sinn ihrer Rede nicht begreifen; und wissen sonst ziemlich wenig mit sich anzufangen.

Ein durchaus interessantes Sujet. Doch der Film genügt sich in der Darstellung jugendkultureller Phänomene, seine Betextung besteht weitgehend aus der Übersetzung einschlägiger Musik. So träumt Mic mit seinem Discman vor sich hin und lässt keinen Menschen an sich heran. Nicht seine Familie, nicht die Mädchen, die auf unerklärlicher Weise ganz scharf auf den verstockten Jungen sind – schon gar nicht den Fernsehzuschauer. Der – und das scheint das Dogma dieses Jugendsozialdramas zu sein – soll wohl für eine Filmlänge die gesammelte Ratlosigkeit einmal nachempfinden und aushalten müssen. Dieser Effekt wird dadurch noch gesteigert, dass der Regisseur hauptsächlich mit jungen und noch unbekannten Schauspielern arbeitet.

Man kann diesen Film mögen oder nicht – immerhin zeigt er wieder einmal, dass sich der französische Fernsehfilm einiges traut. Und nicht nach dem simplen Vorbild amerikanischer Plot-Vorgaben funktioniert, nach denen der Held aus seinem Bett aufsteht, wilden Abenteuern entgegengeht und sich keinesfalls wieder hinlegen darf. GITTA DÜPERTHAL