Trockenschwimmen vorm Roten Rathaus

Zwölf Schwimmbäder stehen auf der Streichliste. Der Aufsichtsrat der Bäder Betriebe berät heute im Roten Rathaus sein Sparkonzept. Davor demonstrieren ab 8 Uhr Landessportbund und Schwimmverband gegen die Schließungspläne

„Der Schwimmsport wird irreparablen Schaden nehmen“, fürchtet Dietmar Bothe, Sprecher des Landessportbundes Berlin (LSB). Denn der Aufsichtsrat der Berliner Bäder Betriebe (BBB) berät heute über die geplante Schließung von 12 Schwimmhallen (siehe Kasten). Die Sportler rufen daher für heute früh ab 8 Uhr zum Protest vor dem Roten Rathaus. Auf 2.000 Demonstranten hofft Manuel Kopitz, Geschäftsführer des Berliner Schwimmverbands. Sie sollen zu früher Stunde „Zähne zeigen“ und das Potenzial, welches in den Berliner Sportlern schlummert. „Der Senat soll sich endlich mit uns unterhalten“, fordert Kopitz.

Etwa 50.000 organisierte Sportler, davon 22.000 Mitglieder des Berliner Schwimmverbands, nutzen einen Teil der insgesamt 79 noch offenen Bäder zum Training. Acht von elf ausschließlich durch Kitas, Schulen und Vereinen genutzten Hallen stehen nun jedoch auf der roten Liste des Senats.

„Wir würden durchaus mittragen, dass einige Bäder geschlossen werden. Aber die Verteilung über die Stadt muss einigermaßen gewährleistet sein“, zeigt sich LSB-Sprecher Bothe kompromissbereit. Eine Auslagerung der Sportler könne die Schließungen jedoch nicht auffangen. Die Kapazität der anderen Trainingsmöglichkeiten sei ausgereizt. Manuel Kopitz sieht gar Berlin als Bundesstützpunkt der Schwimmer gefährdet. Zumal mit dem Forumbad Olympiastadion und dem Sportforum Hohenschönhausen zwei wichtigen Becken die Schließung droht. Bothe fordert stattdessen eine „aktive Vermarktung der Immobilien“. Der Verkaufserlös der Grundstücke soll in die Bädersanierung einfließen. Gemeinsam mit dem Zuschuss des Senats.

Dort jedoch gibt es „wenig Handlungsspielraum“, erklärt Thomas John, Sprecher von Sportsenator Klaus Böger (SPD). Deshalb sei „verstärkt privates Engagement“ wünschenswert. Aber an der Schließung von einigen Bädern „wird kein Weg vorbeiführen“. Außer privaten Investoren sind daher auch die betroffenen Vereine ausdrücklich dazu aufgerufen „Vorschläge für alternative Betreibermodelle – ohne den Einsatz von öffentlichen Mitteln – zu unterbreiten.“

Die Wasserfreunde Spandau 04 haben bereits Interesse an einer Trägerschaft angemeldet. Sie trainieren im Forumbad Olympiastadion. Ihr Konzept liegt dem BBB-Vorstandschef, Klaus Lipinsky, bereits vor. Verschiedene Sportvereine haben Interesse an der Schwimmhalle Schöneberg angemeldet. Und auch der Pächter vom Sommerbad Humboldthain wolle seine Aufgaben aus dem vergangenen Jahr fortsetzen. Die Verhandlungen mit vier Investoren für das Stadtbad Zehlendorf laufen laut Lipinsky noch. Gescheitert sei hingegen die Ausschreibung für das Sport- und Erlebniszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee.

Die Schwierigkeiten der Verhandlungen liegen laut Lipinsky vor allem in den Bäder-Immobilien, denn die Grundstücke sind Eigentum der Bezirke. Könnten die Investoren darüber verfügen, dürften sie die Immobilien beleihen, dort Einkaufscenter oder Wellnessparks bauen und gleichzeitig die Bäder betreiben. Um den Bezirken die Grundstücke zu entziehen, müsste das Bäderanstaltsgesetz geändert werden. Auch diese Möglichkeit soll auf der Aufsichtsratssitzung beraten werden.

Bernd Holtfreter, Vorsitzender der Genossenschaft Stadtbad Oberberger Straße und baupolitischer Sprecher der PDS, teilt Lipinskys Einschätzung: „Man sollte die Bäder aus der städtischen Verantwortung entlassen.“ Die Versuche seien jedoch bisher an den CDU-Bürgermeistern der Westbezirke gescheitert. „Viele Berliner nutzen die Spaß- und Freizeitbäder im Umland, der Bedarf nach einem solchen Angebot ist da“, meint Holtfreter. Und auch die Bereitschaft, dafür mehr Eintritt zu zahlen.

„Betreiben durch Dritte ist besser, als Bäder zu schließen“, meint Bäderchef Lipinsky. Eine vollständige Erhaltung aller Einrichtungen scheint jedoch ausgeschlossen. Auf 100 Millionen Euro beziffert Lipinsky allein die Sanierungskosten. Der Unterhalt würde zusätzlich rund 49 Millionen Euro jährlich verschlingen. Wie viel aber von diesen Summen in Zukunft eingespart werden kann, wird sich erst zeigen, wenn der Aufsichtsrat der BBB das Konsolidierungskonzept und mit ihm die Schließung bestimmter Bäder verabschiedet hat. ANNE VILLWOCK