Knallfarbenes HipHop-Schaumbad

■ Weit mehr als der weibliche Eminem: Die New Yorker Rapperin Princess Superstar im Westwerk

„Ich wollte immer hoch hinaus und immer 'ground-breaking' sein. Früher wollte ich wie Marilyn Monroe werden, aber weil ich so ein Freak bin, dachte ich, na gut, dann werde ich eben der beste Freak!“ Die ersten dreieinhalb Zeilen hätten auch von der Grande Dame des Pop, Madonna, sein können, die letzten wohl gar nicht. Aber die Worte stammen auch gar nicht von ihr, sondern von Concetta Kirschner alias Princess Superstar, die mit ihrem aktuellen, bereits vierten Album Princess Superstar is für einige Furore nicht nur in der HipHop-Presse gesorgt hat und schnell wahlweise in die Schubladen „weiblicher Beastie Boy“ oder „Eminem auf hohen Absätzen“ gesteckt wurde. Letzteres, weil die Italo-Amerikanerin genauso wie ihr männlicher Kollege als Sinnbild für Großmäuligkeit und die dunklen Seiten des „White Trash“ gehandelt wird. Doch anders als Eminem, dessen Texte großartige Hass-tiraden auf alles und jede/n und „serious as f***“ sind, beschäftigt sich Princess Superstar lieber mit verschiedensten Arten der körperlichen Liebe und frönt ihrer eigenen freakigen Art von Humor.

Nachdem sie sich als Kind (nach eigenen Angaben ziemlich erfolglos) an Breakdance probiert hatte, floh sie im späten Teenager-Alter von Pennsylvania nach New York, um dort Schauspielerin und Tänzerin zu werden – und verliebte sich stattdessen in die Musik. Ihr damaliger Freund brachte ihr das Gitarrespielen bei und sie durchlief mehrere Bands, ehe sie 1994 mit befreundeten Musikern erstmals unter dem Namen Princess Superstar in Erscheinung trat und eine Musik aus der Taufe hob, die sie selbst „Flip-Flop“ nennt: eine Mischung aus Punk und HipHop. Eine geeignete Plattenfirma fand sich dafür nicht, und so gründete Ms. Kirschner flugs ihre eigenen Labels, A Big Rich Major Label und Corrupt Conglomerate.

Darauf brachte sie ihre selbst komponierten, getexteten und koproduzierten Werke Strictly Plati-num, CEO und Last of the Great 20th Century Composers heraus, letztere unter Beteiligung von Jon Spencer, Prince Paul und Cypress Hills Baron Ricks. Gleichzeitig war sie sich nicht zu schade, weiterhin als Sekretärin zu schuften, um über die Runden zu kommen. Das hat sie heute nicht mehr nötig: Nach Belobhudelungen vor allem in der englischen Presse und dort sogar anstehendem Top-10-Erfolg hat sie Zeit, im Schlafzimmer ihrer Wohnung an neuen Songs zu basteln und neue KünstlerInnen auf ihren Labels rauszubringen.

Apropos Presse: Liest man die Interviews mit Princess Superstar, fällt zweierlei auf: einerseits, dass sie großer Fan von Morrissey ist und ihre Sex-Reime durchaus zu Recht als feministisch bezeichnet. Und dass andererseits allzuoft das passiert, was schon die Hamburger DJ Luka Skywalker wiederholt bemängelte: nämlich, dass Reporter männlichen Geschlechts am liebsten über mögliche Boyfriends und liebste Sexpraktiken Fragen stellen und immer wissen wollen, ob sie denn wirklich so sei wie die Texte glauben machen. Na klar! Kaum ein Wort wird über Musik verloren, höchstens über die illustren Gäste auf der aktuellen Platte, etwa The High & Mighty, Beth Orton oder Kool Keith. Und deshalb schreibe ich jetzt über die Musik und nicht ausschließlich darüber, dass Princess Superstar einmal fast nackig und mit Goldfarbe verziert durch New Yorks Chinatown stöckelte, um ein prima Plattencover zu bekommen. Ihre Musik klingt wie eine Mischung aus grobblasigem knallfarbenen Schaumbad, schleppenden bis halbfetten Beats, skurrilen Chören, orchestralem Gebimmel und HipHop. Was mal zum Schreien komisch, mal gut, mal aber auch ganz schön nervig daherkommt. Princess Superstars Stimme klingt dazu wie eine gute Mischung aus Peaches und Shirley Temple – und wenn sie als „white Lil' Kim“ bezeichnet wird, sagt die Prinzessin selbst, sie sei vielmehr die „black Shirley Temple“.

Madonna wirft sie zwar vor, bei ihr für das „Music“-Video geklaut zu haben, doch stutenbissig ist sie deshalb nicht. Auf die Frage einer Reporterin, ob sie sich nicht von den so genannten „trash-talkin' divas“ wie Lil' Kim, Foxy Brown und anderen beklaut fühle, behauptete sie: „Ich denke, jede inspiriert jede. Ich werde durch Madonna und Lil' Kim und Missy Elliot inspiriert, genauso wie sie vielleicht von meinem Zeug. Das ist doch prima!“

Barbara Schulz

Freitag, 21 Uhr, Westwerk