Leben und Sterben auf Ibiza

Auf der Suche nach dem besseren Leben: Menschen in Badezeug, in Wickelhosen, am Strand, mit einem Joint in der Hand. Zumindest das bunte, fröhliche Lokalkolorit zeichnet Igor Fioravanti in „El Sueño de Ibiza“ perfekt (Panorama)

Und was ist, wenn es klopft, und der Postbote steht vor der Tür und hält ein Einschreiben in der Hand, das eine Instanz namens Schicksal schickt? Soll man es denn annehmen? Kann man es überhaupt ablehnen? Diesen Fragen stellen sich drei unbedarfte Königskinder, die einst ausgezogen sind, um auf Ibiza ein besseres Leben zu führen. Es handelt sich um eine Frau und zwei Männer, die sich seit Schulzeiten kennen und die einander in Liebesdingen mal so oder so verbunden waren. Längst haben sie diese Form des Zusammenseins hinter sich gelassen und sind von einer Liebe und Freundschaft durchdrungen, die nur versteht, wer der Sonne Ibizas viele Jahre lang ausgesetzt war.

Doch beizeiten gehen auch Freundschaften den Weg alles Irdischen und enden auf dem freien Markt: Nacho denkt an die Zukunft und möchte mit seinen Freunden ein Meditationszentrum eröffnen, Carlos meint, man solle Beruf und Freundschaft voneinander trennen, Chica weiß auch nicht so genau. Und Marc Bolan fragt dazu singend aus dem Off: „Whatever happened to our teenage dream?“ –Man weiß es nicht. Und so entzweit man sich zu dritt.

Schlaglichtartig versucht Regisseur Igor Fioravanti seine Geschichte zu erzählen. Man sieht Nacho, Carlos und Chica reden, baden und gemeinsam am Küchentisch sitzen. Einmal nehmen sie LSD, was Fioravanti dazu inspiriert, weit über dessen Wirkungszeit hinaus, Schicksal, Seele und andere Lebensgeister in Form von farbig eingefärbten Spezialeffekten zu zeigen. Zwischendurch wird viel auf- und abgeblendet, Landschaft eingefangen und Rasanz vermieden.

Wenn man darüber die Handlung vermisst, dann erinnert man sich daran, dass auch das Leben im Grunde keine Handlung hat, und deutet den Mangel in Realitätsnähe um. Andererseits müssen Realitätsnähe und Lokalkolorit nicht zwangsläufig packend sein, weshalb man sich fragt, was das denn soll. Nicht dass „Il Sueno de Ibiza“ nervt, irgendeinen Antrieb wird es wohl gegeben haben, sonst hätte man den Film ja nicht gedreht. Der Antrieb, die Botschaft, das Anliegen bleiben allerdings trotz sonniger Umgebung weitgehend im Dunkeln. Nur gegen Ende winkt die Geschichte mit dem Zaunpfahl der Dramaturgie. Dann sieht man drei weitere Königskinder, dieses Mal deutlich jünger, in inniger Verbundenheit über die Insel streifen, auf der Suche nach einem besseren Leben. Hört das denn niemals auf? Wahrscheinlich nicht. Das ist allerdings nicht zwangsläufig schlecht. HARALD PETERS

„El Sueño de Ibiza“. Regie: Igor Fioravanti. Spanien 2001, 98 Min.